Bachelorprojekt zum Werkstoff Kombucha

Hanna Hüttig & Ramona Teller
Studentinnen HSLU Design und Kunst
  • 17.06.2019
  • 4 min
Nachhaltigkeit bzw. nachhaltige Entwicklungen und Prozesse werden ein immer präsenteres Thema. Knapper werdende Ressourcen und die negativen Auswirkungen der Textil- und Modeproduktion auf Menschen und Umwelt bedingen Alternativen. Gesucht werden schnell nachwachsende, umweltschonende und biologisch abbaubare Materialien.

Nebst vielen anderen Aspekten befassen wir uns auch in unserem Studium mit Nachhaltigkeit. Daher erschien es uns als naheliegend, Nachhaltigkeit in unsere Bachelorarbeit mit einfliessen zu lassen und alternative Materialien zu herkömmlichen Fasern zu erforschen. Bei unseren Recherchen wurden wir schnell auf den Rohstoff Pilz aufmerksam. Aus dem Fruchtkörper des Pilzes wird von verschiedenen Firmen bereits Ersatz-Leder und aus dem Myzel u.a. Verpackungsmaterialien hergestellt. Unser Anliegen war es jedoch, den Werkstoff Pilz aus Sicht des Textildesigns textiler zu gestalten für eine mögliche spätere Anwendung im Mode-Bereich, wobei die Anforderungen an Nachhaltigkeit, wie biologische Abbaubarkeit, erfüllt bleiben sollten. So entschieden wir uns für eine wissenschaftlich-experimentelle Grundlagenarbeit. Der Fokus lag dabei auf dem Prozess und dessen Dokumentation.

Wir begannen mit Myzel, dem verborgenen netzartigen Teil des Pilzes zu experimentieren und designten systematisch den Versuchsaufbau, indem wir verschiedene Pilzarten durch festgelegte Parameter wie Nährböden, verschiedene Stoffarten, usw. veränderten, um so deren Auswirkungen z.B. auf Farbe und Struktur zu untersuchen. Jedoch zeigten sich bald schon Schwierigkeiten, da die Myzelproben schimmelten. Auch wurde das Myzel hart, sodass keine textilähnlichen Materialien daraus entwickelt werden konnten. Parallel züchteten wir Kombucha-Teepilz, welcher auf einer Schwarz-/Grünteebasis mit Zucker wächst. Wir entschieden uns, mit Kombucha weiterzufahren, da diese Züchtung erfolgreicher war. Wir erforschten den Werkstoff Kombucha auf seine Eigenschaften und Eigenheiten. Dabei veränderten wir ihn auf unterschiedliche Weise, indem wir Faserabfälle beimischten, ihn mit textilen Techniken bearbeiteten und in Dicke und Transparenz variierten. Dabei war das Material selber eine Herausforderung, da das Wachstum sowie die dafür benötigte Zeit und die Qualität des heranwachsenden Pilzes wenig beeinflussbar waren. So dauerte es 10-20 Tage bis ein neuer Pilz herangewachsen und nochmals die Hälfte der Zeit bis er getrocknet war. Als Ergebnis entstanden haptisch und optisch gestaltete Musterflächen sowie Ansätze, in welchen Bereichen und Marktnischen der Werkstoff Pilz oder Produkte davon denkbar wären.

Die Möglichkeit zu experimentieren und Grundlagenforschung zu einem uns noch unbekannten, neuen Material zu betreiben, war für uns eine bereichernde Erfahrung. Dies ermöglichte uns, über die Disziplin des Textildesigns hinaus zu blicken. Durch dieses Projekt haben wir festgestellt, wie anspruchsvoll und komplex es ist, nachhaltig zu arbeiten und den Aspekt der Nachhaltigkeit in jedem Arbeitsschritt zu beachten.
Ausserdem haben wir gelernt damit umzugehen, wenn nicht alles so funktionierte wie geplant und die Ergebnisse nicht unseren Erwartungen entsprochen haben. Es war eine Herausforderung, sich dadurch nicht entmutigen zu lassen, auf dem gewählten Weg zu bleiben und Unsicherheiten zu überwinden. Manchmal war es verlockend, auf Bekanntes abzuschweifen und Entwürfe aus den vorliegenden Samples zu machen, da wir als Textildesignerinnen einen bestimmten Ablauf mit meist vorzusehendem Ergebnis gewohnt sind. Dies war jedoch beim Werkstoff Kombucha aufgrund des Wachstums nicht der Fall, was bei uns manchmal eine Hilflosigkeit auslöste und uns zwang, unsere gewohnte „Geschäftigkeit“ einzuschränken und das Geschehenlassen zuzulassen. Wir haben versucht, uns auf die jeweilige Situation anzupassen und umzudenken.
Es war zudem eine ganz neue Erfahrung, den Rohstoff von Grund auf zu züchten und beschränkte Ressourcen zur Verfügung zu haben. So wurde uns bewusst, dass wir sparsam mit Materialien und Ressourcen umgehen müssen, da es uns nicht möglich war, den Rohstoff einfach einzukaufen.

Durch dieses Projekt ist es uns gelungen herauszufinden, was das Material Kombucha alles kann und wo es an seine Grenzen stösst. Jetzt sind wir an einem spannenden Punkt, da wir konkret mit den Eigenschaften forscherisch gestalten und diese in den Designprozess einfliessen lassen können. So können wir die im Studium gelernten Fähigkeiten einer Textildesignerin einbringen und anwenden.

Rückblickend hat uns das Textildesign-Studium dazu befähigt, auf unterschiedlichen Gebieten gestalterisch tätig zu werden, uns auf neue, unbekannte Themen einzulassen und mit Neugier darauf zuzugehen. Wir erlernten neben den textilen Techniken, der Flächengestaltung und Farbgebung auch auf zeitgemässe Fragen wie den Aspekt der Nachhaltigkeit einzugehen und mit einem forscherischen Blick unsere Welt zu gestalten.

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