Die Pfadi wächst. Seit 2015 hat der Mitgliederbestand konstant zugenommen. Dies in einer Zeit, in welcher viele Freizeitorganisationen Mühe haben neue Mitglieder zu gewinnen. Obwohl ich selbst 20 Jahre lang aktiver Pfadfinder war, staune auch ich immer wieder über dieses Wachstum. Denn die Digitalisierung führte dazu, dass sich viele Menschen stärker über soziale Medien vernetzen. Dazu sank das Interesse, sich langfristig und ehrenamtlich für einen Verein zu engagieren und der Wettbewerb durch kommerzielle Anbieter stieg. So haben Jugendliche heute die Möglichkeit in einem Fitnessstudio zu trainieren oder die Freizeit in einem Kunstworkshop zu verbringen.
Es gäbe also viele Gründe, dass auch die Pfadi einen Mitgliederschwund verkraften müsste. Doch die Pfadi profitiert von diesen Veränderungen. Sie schafft einen Gegenpol zur digitalisierten Gesellschaft, zelebriert das Draussensein, die Natur und den Verzicht auf Handys. So gaben mir die Stunden in der Pfadi immer wieder viel Halt und boten einen Rückzugsort vor dem hektischen Stadtalltag. Bemerkenswert ist aber, dass es nicht genügt, einfach in den Wald zu gehen. Die Cevi kämpft gleichzeitig mit rückläufigen Zahlen. Auch der Zweck einer Organisation scheint immer wichtiger zu werden.
Erinnerung von meinem ersten internationalen Pfadilager in Japan. (Quelle: Schweizer Delegation Jamboree 2015)
Die Pfadi profitiert von gesellschaftlichen Trends. Der Organisation gelingt es mit Offenheit Diversität zu schaffen. Und Outdoor-Aktivitäten wie Wandern oder Zelten sind spätestens seit der Pandemie wieder cool.
Sogar die Globalisierung findet in der Pfadi einen Platz. Die Pfadi organisiert alle vier Jahre internationale Lager mit Teilnehmenden aus 158 Nationen. Ich konnte in drei internationalen Lagern wichtige interkulturelle Erfahrungen machen. Selten hatte ich die Gelegenheit, so viele Personen aus so unterschiedlichen Ländern zu treffen.
Entscheidend ist auch, dass sich die Pfadi von ihrem altmodischen Ruf befreien konnte. Dies ist das Resultat von guter Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit der Pfadibewegung Schweiz. Der Ruf einer paramilitärischen Organisation kann die Pfadi also zunehmend ablegen. Es erstaunt auch, dass die Pfadi diesen Ruf teilweise immer noch hat, obwohl die Pfadi wirklich nichts mehr mit dem Militär zu tun hat. Dies ist teilweise historisch zu begründen, da der Gründer Angehöriger der Armee war und einige Methoden übernahm. Die heutigen Ziele sind weit von diesen Ursprüngen entfernt. Nachhaltigkeit, globales Bewusstsein und individuelle Selbstverwirklichung stehen heute im Vordergrund. Diese Werte sind kongruent mit meinen eigenen. Dies ist sicher mit ein Grund, dass ich über Jahre unermüdlich Zeit in diesen Verein investierte.
Das Pfadimotto «Zusammen weiter» kommt nicht von ungefähr. Die Tatsache, dass einem in der Pfadi bereits in jungen Jahren Verantwortung übertragen wird, spielt eine entscheidende Rolle für die spätere Laufbahn. Früh erhält man die Chance, Führungserfahrungen zu sammeln. Diese ersten Erfahrungen halfen mir ungemein in meiner Ausbildung. Auch die Lagerwochen, das Nicht-zuhause-sein ist prägend und hilft einem allein auf den Beinen zu stehen.
Neben den strukturellen Vorteilen lernt man viele nützliche Fähigkeiten wie Natur und Umwelt, Pioniertechnik und Kartenkunde. Besonders fasziniert hat mich die Erste Hilfe, die mir bereits in jungen Jahren nähergebracht wurde. Ich habe mich später in diesem Bereich weitergebildet und heute unterstütze ich regelmässig Sanitätsposten bei Veranstaltungen. Schliesslich werden die Pfadileitenden mit Ausbildungskursen gefördert. Dort werden Programme vorbereitet oder es wird einem beigebracht, was ein erfolgreiches Team ausmacht. Die Ausbildungskurse überzeugen pädagogisch und verfügen über ein eigenes Lehrmittel speziell für die Pfadi.
Durch ihre Werte wie Verantwortungsbewusstsein, Gemeinschaftssinn und Naturverbundenheit bietet die Pfadi jungen Menschen die Möglichkeit, wichtige Lebenskompetenzen zu erlernen. Angesichts der gesellschaftlichen Veränderungen und der Herausforderungen, die die Digitalisierung mit sich bringt, bietet die Pfadi eine wertvolle Gegenbewegung, die auf persönliche Entwicklung, soziale Interaktion und Nachhaltigkeit setzt. Die steigenden Mitgliederzahlen und die erfolgreiche Öffentlichkeitsarbeit belegen, dass die Pfadi heute relevanter ist denn je.
Zum Abschluss meines letzten Pfadilagers wollte ich noch einmal so viel Wissen wie möglich weitergeben. (Quelle: Pfadi Wald-Bauma)
Dieser Artikel wurde von Silvan Cyril Rutz (Pfadiname: Absus), Student Bachelor of Science in Business Communications an der Hochschule für Wirtschaft Zürich HWZ verfasst und am Schreibwettbewerb von FH SCHWEIZ eingereicht.
Dem Gewinner bzw. der Gewinnerin winken 1000 Franken. Noch bis Ende November kann für die Texte mittels Likebutton gevoted werden. Zeitgleich vergibt eine Jury zwischen 1-10 Punkte. Die Gewichtung des Öffentlichkeits-Voting und jener der Jury ist 1:1. Im Dezember wird der oder die Gewinner:in kommuniziert.
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