Theodora Hoff lebt seit knapp drei Jahren fast komplett «zerowaste» und ist ausserdem Botschafterin von ZeroWaste Switzerland. Ich traf mich mit ihr in ihrer kleinen Wohnung in ZĂĽrich, um zu sehen, wie so ein ZeroWaste-Leben aussieht. Kaum angekommen, bietet sie mir auch schon ein Getränk aus Wasser, Mandelmus, Kakao-Pulver und Honig an, selbstverständlich mit einem Glasröhrchen serviert.Â
17 Liter Abfall hat Theodora letztes Jahr produziert, also 42 Mal weniger als ein durchschnittlicher Schweizer. «Sie muss ja auf so vieles verzichten», werden sich jetzt viele denken. Nein, findet Theodora. Die meisten Produkte brauchen die Verpackung schliesslich gar nicht, in der sie angeboten werden. Gemüse, Früchte und Brot kann man genauso gut in einem Stoffsack mit nach Hause nehmen. Käse, Fleisch und andere feste Frischprodukte können ganz einfach in einem Tupperware oder einer Edelstahl-Büchse transportiert werden. Auch im Badezimmer schafft es Theodora fast komplett auf Abfallprodukte zu verzichten. Zum Waschen für Haare und Haut wird ein festes Shampoo und Seife verwendet, zum Zähneputzen die Holzzahnbürste und Denttabs, die die Zahnpasta ersetzten. Diese werden einfach zerkaut und können dann zum Zähne putzen verwendet werden. Als Zahnseide benutzt sie richtige Seide, die man kompostieren kann. Das Deo ist selbstgemacht und die natürlichen Cremes werden in einer recyclebaren Aluminium-Tube oder in einem Glas gekauft. Dazu benutzt Theodora einen Rasierer aus Metall, bei dem nur die Rasierklinge ausgetauscht werden muss, die ebenfalls recycelt werden kann. Das Organicup oder Stoffbinden geben Frauen die Möglichkeit, auch während der Menstruation keinen Abfall zu produzieren. Für Makeup gibt es bislang nur wenige ZeroWaste-Lösung, aber zum Abschminken kann man sehr gut Kokosöl oder auch ein anderes Öl verwenden.
– 2 TL Maisstärke / Pfeilwurzmehl
– 1 TL Backpulver / Natron
– 1 TL Kokosnuss-Öl
– 1 TL Shea-Butter
Die Zutaten in einem Wasserbad schmelzen und gut vermischen. Ein paar Tropfen eines ätherischen Öls nach Wahl hinzufügen. Zum Schluss noch 20 Minuten in den Kühlschrank stellen und fertig ist das selbstgemachte Deo. Ich habe es selber ausprobiert und bin begeistert davon!
Neben 17 Liternsss Abfall produziert Theodora natürlich noch andere Abfälle, die recycelt werden. Sie trennt Glas, Metall, Papier, Karton, Kompost und Textilien vom normalen Verbrennungsmüll. Sogar Haare und Nägel entsorgt sie auf den Kompost. Dennoch möchte Theodora auch so wenig Recyclingabfall wie möglich verursachen. Im ZeroWaste-Laden holt man sich beispielweise seine Teigwaren in einem Stoffsäckchen und füllt sie dann zuhause in ein Einmachglas ab. Das Glas wirft man aber nachher nicht fort, sondern füllt es wieder auf. So wird auch der Gebrauch von Glas und anderen Recyclingmaterialien reduziert. Neben dem Recycling gibt es aber auch noch andere Schlüsselwörter, die wichtig für ZeroWaste sind.
Das Meiste kauft Theodora nicht wie vermutet im ZeroWaste-Laden ein, sondern in gewöhnlichen Bio-Läden oder auf dem Markt. Frischprodukte können dort gut unverpackt oder in Pfandgläsern eingekauft werden. «An der Käsetheke frage ich freundlich, ob sie mir den Käse direkt in mein Metallgeschirr packen können. Das mache ich auch im Globus so», erzählt Theodora. Aber auch sonst ist ihre KĂĽche praktisch frei von Plastik. Sie benutzt fĂĽr den Abwasch eine HolzbĂĽrste, bei der der Kopf ausgetauscht und kompostiert werden kann, und Kupferwolle, die ebenfalls recycelt werden kann. FĂĽr den Haushalt sonst benötigt Theodora nur drei Zutaten, aus denen sie all ihre diversen Putzmittel selber zusammenmischt.Â
– Essig
– Natron
– Geschirrspülmittel oder irgendeine Seife
FĂĽr Glas und Edelstahloberflächen Wasser und Essig in einer SprĂĽhflasche, fĂĽr Bad und Dusche Natron und GeschirrspĂĽlmittel, fĂĽr die Fenster GeschirrspĂĽlmittel und Wasser. Die drei Zutaten lassen sich je nach Belieben und Bedarf frei kombinieren.Â
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NatĂĽrlich sind nicht alle ZeroWaste-Produkte gerade gĂĽnstig. Wenn man aber wirklich auf «zerowaste» umsteigt, sinken die Kosten des Lebensunterhalts insgesamt. Schlussendlich ist ein ZeroWaste-Leben nicht nur gĂĽnstiger fĂĽr die Umwelt, sondern auch fĂĽr einen selber. BĂ©a Johnson von ZeroWasteHome sagt, ihre Familie spare 40 Prozent mit ihrem ZeroWaste-Leben. Auch Theodora bestätigt, dass ein ZeroWaste-Leben gĂĽnstig ist und Spass macht, weil man immer mehr dazu lernt.Â
In ZĂĽrich, aber auch an vielen anderen Orten der Schweiz, gibt es immer mehr ZeroWaste-Läden. Ich war zu Besuch im ZeroWaste LadencafĂ© Zollfrei in ZĂĽrich, das erst gerade kĂĽrzlich eröffnet wurde. Die Besitzer Tara Welschinger und Christof Studer, der auch das gesamte Interior designet und aufgebaut hatte, grĂĽndeten neben dem Foifi damit bereits ihren zweiten Laden. Â
Im Zollfrei findet man alles, was es für ein ZeroWaste-Leben braucht. Trockenprodukte wie Mehl, Reis, Nüsse, Pasta und Gewürze aber auch Schokolade und Gummibärchen kann man sich ganz einfach selber in ein Glas abfüllen. Das Ganze muss man selber abwägen und das Gewicht aufschreiben. Verschieden grosse Einmachgläser kriegt man gegen Depot ebenfalls im Laden. So kann man das Glas wiederverwenden oder wieder zurückbringen. Auch andere Verpackungsmöglichkeiten wie Stoffsäcke, Edelstahl-Dosen sowie Glas- und Aluminium-Flaschen können direkt im Laden bezogen werden. Kosmetik-Produkte und Putzmittel gibt es ebenfalls zum ab- und nachfüllen.
Die ZeroWaste-Läden der Schweiz arbeiten alle eng zusammen. Durch gemeinsame Bestellungen können Kosten sowie Transportaufwände reduziert werden. Auch durch gemeinsames Anfragen direkt beim Anbieter konnte schon viel erreicht werden. Immer mehr Lieferanten stellen auch die Logistik «zerowaste» zur Verfügung. Zum Beispiel haben die Läden gemeinsam erreicht, das die Edelstahl-Röhrchen nicht mehr in Plastik verpackt werden.
Ich fand es sehr spannend, diese für mich anfangs noch unbekannte Lebensweise kennenzulernen. Es ist eindrücklich wie einfach ein gewisser Teil der Abfallproduktion vermieden werden kann. Natürlich braucht es sehr viel Disziplin und Zeit, bis man es soweit schafft wie beispielsweise Theodora Hoff. ZeroWaste ist nämlich ein Prozess, der nie wirklich zu Ende geht. Immer wieder probiert man neue Dinge aus oder kommt wieder auf eine neue Idee, die hilft, weniger Abfall zu produzieren. Aber genau, das finde ich den wichtigsten Teil der ZeroWaste-Bewegung: Man muss nicht komplett «zerowaste» leben, um etwas zu bewirken. Auch schon ein kleiner Schritt, wie beispielsweise ein festes Shampoo anstelle eines Shampoos in der Flasche zu benutzen, reduziert die Abfallproduktion. Ich denke, nun ist es an uns die Schweiz von einer Müll- und Plastiküberflutung zu retten: Also schreitet zur Tat, probiert aus und findet euren Weg, damit weniger Plastik im Abfall landet.
Dieser Artikel ist als Erstpublikation im Brainstorm online des VSZHAW erschienen.