Das Assessment Center ist eine Art Premium-Version des Vorstellungsgesprächs (premium für das Unternehmen, versteht sich). Bewerber werden in mehreren Einzel- und Teamaufgaben auf ihre fachliche und soziale Eignung sowie ihre Stressresistenz geprüft – und das in den meisten Fällen zwei Tage lang.
Du bist zum Assessment Center eingeladen? Glückwunsch, du hast die erste Hürde genommen! Wenn du den Termin telefonisch oder per E-Mail bestätigst, kannst du gleich anfallende Fragen zum Auswahlprozess stellen. Damit zeigst du Interesse und Einsatzbereitschaft und weisst, worauf du dich vorbereiten musst. Plan deine Anreise von Zugverbindungen bis Park- und Übernachtungsmöglichkeiten sorgfältig und denk an ein grosszügiges Zeitpolster, damit du auch bei Verspätungen noch pünktlich zum Termin erscheinst. Reise im Zweifelsfall besser am Vorabend an und übernachte vor Ort: Dann kommst du auf jeden Fall ausgeruht zum Assessment, das ohnehin schon stressig genug wird!
Was anziehen? Wähle deine Kleidung passend zum Unternehmen und der Branche. Bist du dir unsicher, ziehst du dich zur Sicherheit etwas schicker, aber dennoch bequem an. Alternativ gilt auch hier: Nachfragen erlaubt!
Recherchieren! Informiere dich ausgiebig auf der Firmenwebsite und in der Fachpresse über das Unternehmen und die Branche. Leg dabei besonderes Augenmerk auf den Fachbereich, für den du dich bewirbst. Lies dir Geschäftsberichte und PR-Material durch. Versuch auch herauszufinden, wie die Assessments bei dem jeweiligen Unternehmen ablaufen: Vielleicht haben deine Kommilitonen schon mal an solchen Auswahltests teilgenommen? Oder du findest Hinweise in Karrieremagazinen und im Netz?
Üben, üben, üben. Die Selbstpräsentation kannst du gut vorbereiten. Teste vor Freunden als Publikum, wie deine Vorstellung wirkt. Mach dich auch mit den Testverfahren vertraut und schau dir Übungsaufgaben an.
Bleib up to date. Verfolge stets die allgemeine Nachrichtenlage, denn häufig fragen Assessments auch Allgemeinwissen ab – Personaler bevorzugen Bewerber, die auch ausserhalb ihres Fachgebiets Bescheid wissen.
Ein Assessment Center beginnt meist damit, dass sich die Teilnehmer in wenigen Minuten selbst vorstellen. Bereite dich vor, indem du folgende Fragen beantwortest: Welche Ausbildung hast du? Welche Schwerpunkte hast du dir im Studium gesetzt? Welche praktischen Erfahrungen hast du und inwiefern passen sie zum neuen Job? Was sind deine Kompetenzen und Stärken?
Strukturiere die Infos, so dass du zuerst über deine aktuellen Aufgaben sprichst und den Bezug zum Job herstellst, indem du darlegst, wie deine Erfahrungen zu den neuen Anforderungen passen. Anschliessend gehst du auf deinen bisherigen beruflichen Weg ein und gibst Beispiele für deine Kompetenzen. Beschränk dich aufs Wesentliche: Sobald die vorgegebene Zeit abgelaufen ist, ist die Präsentation zu Ende. Wer sich bis hierhin nicht optimal präsentiert hat, hat Pech gehabt.
Achte auf deine (Körper)Sprache: Eine offene Haltung und Blickkontakt mit deinen Zuhörern sind wichtig, genauso wie deine Stimme: Versuch ruhig zu bleiben und entspannt zu sprechen. Verkrampfst du dich, wird die Stimme höher und dünner, was schnell unsouverän wirkt. Sprich in einer angemessenen Lautstärke und weder zu schnell noch zu langsam, sonst wird es anstrengend bzw. langweilig, dir zuzuhören.
Bleib am Ball. Hör genau zu, was deine Mitbewerber über sich erzählen. Es kann sein, dass du nach der ersten Runde eine andere Person vorstellen sollst. Wenn du dann nicht Bescheid weisst, wird’s peinlich, denn du wirkst unkonzentriert, desinteressiert oder gar respektlos.
Interviews in einem Assessment Center sind «normalen» Bewerbungsgesprächen sehr ähnlich und können bis zu einem gewissen Grad vorbereitet werden. Einige Assessment Center schicken die Bewerber aber auch in sogenannte Stressinterviews, die testen sollen, wie sie mit Druck umgehen. Stell dich also auf unangenehme Fragen ein, bleib sachlich und nimm dir Zeit für deine Antworten.
Bei dieser Aufgabe wird dir eine Vielzahl von Aufgaben zur Erledigung binnen eines kurzen Zeitfensters gestellt. Du musst die Aufgaben priorisieren und später in einem Gespräch deine Entscheidung erklären. Verschaff dir zu Anfang einen Überblick: welche Aufgaben sind privat, welche beruflich? Was musst du sofort persönlich erledigen, was kannst du delegieren und was kannst du aufschieben? Mach dir bei dieser Aufgabe Notizen und überleg dir bereits Begründungen für das anschliessende Gespräch.
Hier werden dir eine Situation und eine Rolle vorgegeben, in die du dich nach einer kurzen Vorbereitungszeit hineinversetzen musst, z.B. ein Mitarbeiter- oder Kundengespräch, in dem du eine bestimmte Entscheidung plausibel und konsequent begründen musst - auch wenn du dich in Wirklichkeit völlig anders verhalten würdest und mit unangenehmen Fragen konfrontiert wirst. Wichtig bei dieser Aufgabe ist, dass du bei der Vermittlung deines Standpunkts stets einem roten Faden folgst und die Nerven behältst.
Dieser Test soll den Recruitern helfen, deine Charaktereigenschaften einzuschätzen. Persönlichkeitstests sind meist als Fragebögen angelegt, die u.a. auf deine Berufspläne und soziale Kompetenzen ausgerichtet sind. Bei vielen dieser Bögen musst du dich auf einer Skala selbst einschätzen. Bleib hier unbedingt ehrlich und realistisch, denn stark von der Realität abweichende Angaben fliegen früher oder später auf - und du bist raus.
Solche Tests im Assessment Center können ganz unterschiedlich aussehen: Mal wird Allgemeinwissen abgefragt, mal sind es Sprachtests, während mathematisch ausgerichtete Tests logisches und räumliches Denkvermögen prüfen. Auf letztere kannst du gut mit Übungsfragen hintrainieren. Die Tests zu Sprachkenntnissen und Allgemeinwissen erfordern eine längerfristige Vorbereitung. Nutz die Zeit, die du hast!
Mit Leistungstests prüfen Recruiter dein Konzentrationsvermögen unter Zeitdruck. Entweder musst du Kopfrechenaufgaben lösen oder dir bei Gedächtnisaufgaben so viele Dinge wie möglich einprägen. Entspannung ist hier alles! Die Aufgaben sind meist so konzipiert, dass sie gar nicht vollständig zu schaffen sind. Das führt zu einer genauen Abstufung der Ergebnisse aller Teilnehmer, was den Personalern die Entscheidung erleichtert. Um das Bestmögliche aus diesem Test herauszuholen, bewahre Ruhe und lies dir die Aufgabenstellung genau durch, damit dir möglichst keine Flüchtigkeitsfehler unterlaufen.
Gruppenaufgaben testen neben fachlicher Kompetenz vor allem deine Social Skills. Deine Beobachter beurteilen hier deine Durchsetzungskraft, Kompromissbereitschaft, Kritikfähigkeit, Überzeugungskraft und dein Einfühlungsvermögen. Hier gilt es, die richtige Balance zwischen selbstsicherem Auftreten und Kollegialität zu finden - schliesslich suchen Unternehmen weder nach egoistischen Einzelkämpfern noch nach stummen Mitläufern.
Bei einer Case Study musst du mit deinen Mitbewerbern eine Lösung für ein vorgegebenes Problem erarbeiten. Bei dieser Aufgabe zählen vor allem Fachwissen und analytische und konzeptionelle Fähigkeiten, zugleich musst du aber auch Teamgeist zeigen: Hör den anderen zu, lass sie ausreden und bezieh sie in den Lösungsprozess mit ein. Optimal läuft die Case Study für dich, wenn du dich als Wortführer der Diskussion herausstellst und gute Vorschläge innerhalb der Gruppe anregen kannst.
In der Gruppendiskussion geht es darum, zusammen mit deinem Team ein vorgegebenes Problem in einem bestimmten Zeitraum zu erörtern. Häufig werden den Teilnehmern dabei verschiedene Rollen zugewiesen. Hier ist Flexibilität gefragt, denn möglicherweise musst du einen Standpunkt vertreten, der nicht deiner persönlichen Meinung entspricht. Um dennoch gut abzuschneiden, versuch dich in deine vorgegebene Position hineinzuversetzen und ihren Standpunkt wirklich zu verstehen. Dann kannst du eine Argumentationsstrategie entwickeln, um «deine» Perspektive glaubhaft zu vermitteln.
Wie bei der Case Study kannst du dich positiv von deinen Mitbewerbern abheben, indem du die Gesprächsleitung übernimmst. Vergiss aber auch hier nicht deine Social Skills: Fass Fremdbeiträge zusammen, beziehe auch stillere Teilnehmer mit ein und behalte dabei immer auch die Zeit im Auge. Halte Blickkontakt mit deinem Team, achte auf eine offene Körpersprache und hör den anderen aufmerksam zu.
Bei dieser Aufgabe muss das Team aus unterschiedlichen Materialien ein vorgegebenes Objekt bauen. Auch wenn dir diese Übung kurios erscheint, solltest du dich anstrengen, denn deine Beobachter bewerten hier vor allem Teamfähigkeit und Kreativität – und ob du in der Lage bist, auch spontan praktische Herausforderungen zu meistern.
Geschafft! Die Recruiter werden dir nun in aller Regel schnell ein kurzes mündliches Feedback geben. Nach einigen Wochen erhältst du dann eine genaue Auswertung, die dir bei deiner Weiterentwicklung helfen soll. Sei auch im Feedback-Gespräch freundlich und offen, selbst wenn es nicht geklappt hat: Du hast jetzt Erfahrungen gesammelt und kannst ruhiger in das nächste Assessment gehen. Und wer weiss, vielleicht erinnern sich die Recruiter an dich, falls ihr Wunschkandidat abspringt… Viel Erfolg!
Dieser Artikel wurde als Erstpublikation auf talendo magazine veröffentlicht.