Von Entscheidungs- und Startschwierigkeiten blieb jedoch auch ich nicht verschont. So habe ich mich erst zwei Tage vor dem Abflugdatum überhaupt entschieden, trotz des angekündigten Online-Unterrichts doch nach Island zu fliegen. Dies aber hauptsächlich aus dem einfachen Grunde, dass die Telefonzentrale zur Flugstornierung überlastet war. Vom Pech verfolgt, schien der Plan sodann am Flughafen Zürich bereits wieder sein Ende zu finden, dort verpassten wir nämlich unseren Flug. Glücklicherweise wurden wir aber danach auf einen anderen Flieger umgebucht. Am Ankunftstag traten schliesslich kurzfristig angekündigte, verschärfte Corona-Massnahmen in Kraft, sodass meine Kommilitonin und ich zuerst in Quarantäne mussten.
Trotz allem, war das Auslandssemester jede einzelne Hürde wert. Von der Corona-Krise war in Bifröst vergleichsweise wenig zu spüren: Einige Anlagen der Universität blieben geschlossen und durch den Online Unterricht waren nur wenige isländische Studierende vor Ort, es gab aber lange keine Maskenpflicht oder andere Regeln. Während der zweiten Welle im Oktober wurden die Massnahmen leider verschärft und es durften keine Events mehr organisiert werden. Da die Austauschstudentinnen und Austauschstudenten jedoch zusammenwohnten, konnten wir uns weiterhin treffen. Wurden in den ersten Wochen noch einige Lektionen vor Ort gehalten, so wechselte man nach den Ferien komplett auf Distance Learning.
Der Lehrmethodik stand ich anfangs eher skeptisch gegenüber, rückblickend muss ich aber sagen, dass es eine interessante und lehrreiche Erfahrung war: Der Semesterplan sah zwei Sechs-Wochen-Slots vor, in denen wir insgesamt fünf Fächer belegten. Einen Stundenplan suchte man vergebens, es wurden jedoch wöchentlich zwei Aufzeichnungen pro Fach auf einem Portal veröffentlicht. Diese galt es selber anzuschauen und das dazugehörige Material zu studieren. Die wöchentlichen Treffen vor Ort – und später online – wurden als eine Art Diskussionsforum und zur Repetition genutzt. Die Prüfungen fanden jeweils in der siebten Woche statt. Ein grosser Teil der Noten wurde allerdings mit Aufsätzen und Präsentationen abgearbeitet. Pro Fach wurden so zwei oder drei Gruppen-, Paar- oder Einzelarbeiten fällig.
Persönlich hat mir diese Art sehr gefallen. Eine Prise Selbstdisziplin ist natürlich vorauszusetzen, für mich war es aber eine willkommene Abwechslung zum Frontalunterricht, und in Kombination mit den Arbeitsaufträgen ideal, um die gelernte Theorie auch praktisch anzuwenden. Ein weiterer Aspekt, der mir sehr am Herzen lag, war ausserdem das Land und die Kultur selber kennenzulernen. Durch die flexible Lehrmethodik konnten wir auch unter der Woche einiges unternehmen, und das speziell auf Austauschstudierende ausgelegte Fach «Isländische Kultur und Sprache» brachte uns die faszinierende Geschichte und die nordischen Mythen etwas näher.
Zu Guter Letzt war natürlich auch der Road Trip ein grosses Highlight. Da die Austauschstudierenden pandemiebedingt keine Familienmitglieder zu Besuch hatten, waren wir in Gruppen zusammen unterwegs. Wegen der starken Einreisebeschränkungen hielten sich kaum mehr Touristen auf der Insel auf, sodass wir mehrheitlich menschenleere Landschaften zu Gesicht bekamen. Eindrücke, die ich, sowohl mit einem lachenden Auge als Tourist, sowie einem weinenden als Studentin eben dieser Branche, sicher in Erinnerung behalten werde. Alles in allem hat mir das Austauschsemester enorm Spass gemacht. Es ist meiner Meinung nach ideal, um internationale Erfahrungen zu sammeln, neue Kulturen und Leute kennenzulernen, selbstständiger zu werden und seinen Horizont zu erweitern.