Vor meinem Studium an der FHNW war ich mir dieser psychologischen Bedeutung der Ernährung nicht bewusst. Meine Freundin studierte Ernährung und Diätetik an der Berner Fachhochschule. Beim Kochen erzählte sie mir oft aus ihren Vorlesungen. Trotz grossem Interesse an gesunder Ernährung fiel es mir schwer, bestimmte Tatsachen zu akzeptieren. Vermutlich widersprachen sie meiner Vorstellung einer gesunden Ernährung. Ich kann mich erinnern, wie ich mich mit beinahe lächerlicher Ignoranz dagegen wehrte. Heute verstehe ich: Es war ein Schutzmechanismus, um nichts an meinem Ernährungsverhalten verändern zu mĂĽssen.Â
In meinem Psychologiestudium in der Fachrichtung Arbeits-, Organisations-, und Personalpsychologie wurde ich in der Vorlesung «Betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM)» zum ersten Mal mit Ernährung konfrontiert.
Da Ernährung und Gesundheit in direktem Zusammenhang stehen, liegt es den PsychologInnen in einem Betrieb am Herzen, auf die Ernährung der Mitarbeitenden Einfluss nehmen zu können. Als uns gezeigt wurde, wie viel gewisse Unternehmen investieren, um Mitarbeiter vor ungesunder Ernährung oder ĂĽbermässigem Genussmittelkonsum zu schĂĽtzen, war ich erstaunt.Â
Es sollte noch eine ganze Weile dauern, bis mein psychologisches Verständnis gereift war und ich die beschriebenen Erlebnisse aus einem neuen, psychologischen Blickwickel betrachten konnte.
Gesunde Ernährung ist eine Wissenschaft für sich. Aber das effektive Ernährungsverhalten ist reine Psychologie. So stehen der Ernährungsumstellung vor allem die Belohnungseffekte im Weg. Diese werden vorwiegend von stark zucker- und fetthaltigen Lebensmitteln ausgelöst. An diese Befriedigung gewöhnen wir uns schnell, was zu dem täglich wiederkehrenden Verlangen danach führt.
Doch allein dieses Wissen macht eine gesunde Ernährung nicht einfacher. Aber es erlaubt mir, den Ernährungsratgeber auch mal beiseitezulegen und mich in psychologische Ratgeber zu vertiefen. Denn nicht nur die Ernährung ist stark von Belohnung und Gewohnheit geprägt, sondern auch andere wichtige Lebensbereiche – wie Beruf, Sport und Schlaf.Â
Dieser Beitrag erschien als Erstpublikation im Punktum.