«Man kann nicht nicht kommunizieren.» Dieses Zitat von Paul Watzlawick ist ein gutes Beispiel dafĂĽr, wie omnipräsent die Kommunikation in unserem Alltag ist. Die Sprache ist der SchlĂĽssel, um eine Verbindung zwischen zwei Menschen herzustellen, und somit auch ein unerlässlicher Faktor einer Beziehung, des GefĂĽhls von Zugehörigkeit und der Gewissheit, nicht allein zu sein. All diese Dinge sind fĂĽr uns Menschen ein Muss. Wir sind Herdentiere, wir möchten gemocht werden, wir brauchen die Bestätigung, okay zu sein.Â
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Heutzutage sind wir 24/7 mit der ganzen Welt verbunden. Dank Social Media und dem World Wide Web können wir bis in die weite Ferne innert Sekunden andere Menschen kontaktieren, Meinungen austauschen und unser Wissen erweitern. Besonders während des Lockdowns verlassen sich viele Unternehmen, Universitäten und private Personen auf virtuelle Kommunikationsmittel.Â
Dank des Internets hat die Gesellschaft einen riesigen Sprung in eine näher aneinandergerĂĽckte Welt gemacht, und wir alle können davon profitieren.Â
Die schönsten Momente im Leben können mit anderen geteilt werden, man findet neue Freunde, fĂĽhlt sich endlich von einer Community verstanden. Sei es ein homosexueller Junge aus einem katholischen Zwölf-Seelen-Dorf, der endlich erkennt, dass er nicht alleine ist, oder ein Liebespaar, dass dank Online-Chatrooms zueinander gefunden hat, trotz völlig unterschiedlicher Lebensläufe.Â
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Dies ist die eine Seite der Medaille. Doch die Statistik der zunehmenden Suizidfälle von Jugendlichen aufgrund von Cybermobbing, die steigende Zahl vereinsamter Menschen, die sich nicht mehr aus dem Haus trauen, und der explodierende Instagram-Trend, welcher viele zu Schönheitsoperationen und zwanghafter Selbstprofilierung drängt, decken auch die Schattenseite dieser neuen Kommunikationsform auf.Â
Besonders die Millennials, die in dieser digitalen Welt aufwachsen, entwickeln frĂĽh eine gewisse Abhängigkeit gegenĂĽber den sozialen Medien. Ohne eine Mindest-Onlinepräsenz verliert man schnell an Popularität oder wird gar nicht erst wahrgenommen. Daraus erwächst eine Generation, die frĂĽher lernt, Emojis richtig anzuwenden, als im «echten Leben» Kontakte zu pflegen.Â
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Egal, wie viele virtuelle Freunde man besitzt oder wie viele Follower man sich ergattert hat – sobald der Chat geschlossen, das Handy ausgeschaltet oder das Zoom-Meeting beendet ist, ist man zurĂĽck in der realen Welt.Â
Stellen Sie sich vor, wie Sie am Ende eines schönen Abends eine gute Freundin, einen guten Freund umarmen und wie Sie anschliessend getrennte Wege einschlagen. Kennen Sie dieses GefĂĽhl der Verbundenheit, der Nähe zu dieser Person, welches noch einige Momente nachklingt? Vergleichen Sie dieses GefĂĽhl mit dem Moment, nachdem das Handy aufgelegt oder ein Skype-Call geschlossen worden ist. Ist es dasselbe GefĂĽhl?Â
Eigentlich ist es doch absolut menschlich, dass wir mit unserem Umfeld ohne weiteres kommunizieren. Auch wenn es nur ein Lächeln ist oder ein gemeinsames Augenverdrehen ĂĽber die lauten Teenager im Abteil nebenan. Wir werden in diesem Moment wahrgenommen und verstanden.Â
Gerade eine Krise wie die Corona-Epidemie lässt uns wieder einmal erkennen, wie rasch uns die virtuelle Kommunikation zum Hals heraushängt. Die Welt ist im Wandel, vieles verändert sich in kĂĽrzester Zeit, und auch unsere Gesellschaft muss sich noch an diese unbegrenzten Möglichkeiten der Kommunikation gewöhnen.Â
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Ich denke, es ist wichtig, das Hier und Jetzt im Trubel von Likes, Insta-Stories und WhatsApp-Nachrichten nicht zu vergessen. Die reale Welt, welche wir durch die Brille des Smartphones teils gar nicht mehr zu erkennen vermögen.Â
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Nehmen Sie sich das nächste Mal im Ă–V die Zeit, um einfach dazusitzen und die Kommunikation geschehen zu lassen, ohne sie zu forcieren. Der Augenkontakt mit einer anderen Person – wahrscheinlich die einzige andere Person ohne Bildschirm vor dem Gesicht – ist unbezahlbar.Â
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Dieser Text wurde als Erstpublikation im punktum veröffentlicht