Autorin: Ursula Ammann
Im Interview spricht der Versicherungsfachmann und Absolvent des MAS Business Administration Michel Mädler darüber, was sich die verschiedenen Generationen wünschen und warum es sich für Unternehmen lohnt, flexible Arbeitszeitmodelle bereits im Bewerbungsprozess anzupreisen.
Die Zukunft liegt in einem guten Mix. Für Aufgaben, die eine hohe Konzentration erfordern, ist beispielsweise das Homeoffice gut geeignet. Teambildung und Vernetzung sind aber auf Distanz schwierig, wenn die Mitarbeitenden keinen zwischenmenschlichen Austausch mehr vor Ort pflegen. Nicht umsonst wollten viele Unternehmen, die nach der Pandemie Modelle mit 100 Prozent Homeoffice angeboten haben, ihre Mitarbeitenden wieder vermehrt am Arbeitsplatz sehen. Prominentes Beispiel ist Novartis.
Sie haben es sicher einfacher als vor der Pandemie und werden in Zukunft auch immer mehr an Bedeutung gewinnen. Denn in einer Welt, in der sich Arbeitnehmende immer mehr nach Flexibilität sehnen und sich der Fachkräftemangel weiter zuspitzen wird, sind flexible Arbeitszeitmodelle für Unternehmen ein wichtiges Instrument, um ihre Attraktivität zu steigern. Hinzu kommt, dass nun immer mehr Personen der Generation Y und Z eine Führungsrolle übernehmen. Für diese Generationen sind Homeoffice & Co. selbstverständlicher als für frühere Generationen. Es ist deshalb anzunehmen, dass diese neuen Führungskräfte offener gegenüber flexiblen Modellen sind.
Die flexible Einteilung der Arbeitszeit und die Möglichkeit, von zuhause aus zu arbeiten, ist für alle Generationen von grosser Bedeutung. 83 Prozent der Umfrageteilnehmenden haben angegeben, dass das Angebot an flexiblen Arbeitszeitmodellen für sie bei der Stellenwahl ausschlaggebend ist. Fast ebenso viele bewerten ein Unternehmen attraktiver, je mehr solcher Modelle es anbietet. Und 94 Prozent stimmen der Aussage zu, dass die Attraktivität des Unternehmens am Arbeitsmarkt sinkt, wenn es flexible Arbeitszeitmodelle nicht oder nur bedingt kennt.
«Unternehmen, die heute solche flexiblen Modelle noch gar nicht oder nur bedingt anbieten, werden in naher Zukunft Schwierigkeiten bekommen, geeignete und qualifizierte Fachkräfte anzusprechen und offene Stellen zu besetzen.»
Michel Mädler
Absolvent MAS Business Administration
Über 90 Prozent der befragten Dienstleistungsangestellten sehen Gleitzeit und Homeoffice als zwingende Voraussetzung, damit ein Job für sie überhaupt infrage kommt. Fast 90 Prozent erachten die Möglichkeit, Teilzeit zu arbeiten, als notwendig. Hohen Zuspruch erhält auch die Vertrauensarbeitszeit. Bei diesem Modell wird auf die Protokollierung der Arbeitszeit verzichtet. Die Mitarbeitenden besitzen dadurch die Freiheit, selbst zu entscheiden, wann sie ihre Aufgaben erledigen und wie viel Zeit sie dafür investieren. Ebenfalls hoch im Kurs ist das mobile Arbeiten, auch Blended Working genannt. Durch den immer besseren Zugriff auf Systeme von ausserhalb des Büros, gewinnt diese orts- und zeitunabhängige Arbeitsform zunehmend an Bedeutung. Vertrauensarbeitszeit und Blended Working sind bisher noch wenig etabliert. Unternehmen können sich von der Konkurrenz abheben, wenn sie diese Modelle anbieten.
Klar ist: Unternehmen, die heute solche flexiblen Modelle noch gar nicht oder nur bedingt anbieten, werden in naher Zukunft Schwierigkeiten bekommen, geeignete und qualifizierte Fachkräfte anzusprechen und offene Stellen zu besetzen. Sie sollten sich deshalb überlegen, welche flexiblen Arbeitszeitmodelle für sie am besten geeignet sind, und entsprechende Rahmenbedingungen festlegen. Diese wiederum sollten Mitarbeitenden auf allen Stufen zur Verfügung gestellt werden, wenn es deren Tätigkeit zulässt. Dabei gilt es bei der Einführung neuer flexibler Arbeitszeitmodelle immer darauf zu achten, ob sich die Modelle innerhalb der eigenen Organisation überhaupt umsetzen lassen und wie aufgeschlossen der Schweizer Arbeitsmarkt gegenüber den neuen Systemen und Modellen bereits ist.
Diese Formulierung halte ich nicht für empfehlenswert. Sie ist für mich Ausdruck einer konservativen Haltung und klingt ein wenig so, als werde das mit dem Homeoffice eher willkürlich gehandhabt. Es ist aber wichtig, dass ein Reglement zu flexiblen Arbeitszeitmodellen besteht und Unternehmen die entsprechenden Möglichkeiten bereits im Bewerbungsprozess offen und transparent kommunizieren. Das ist auch eine gute Werbemassnahme. Ausserdem beugt man durch diese klare Kommunikation falschen Erwartungen vor. Neue Mitarbeitende wissen bei Stellenantritt, welche Angebote ihnen zustehen und welche nicht. Das verhindert, dass jemand wieder kündigt, weil die eigenen Erwartungen hinsichtlich der Arbeitsgestaltung nicht erfüllt werden.
Meine Befragung hat klar aufgezeigt, dass alle Generationen flexible Modelle – ob Homeoffice oder Gleitzeit – schätzen. Nach dem Arbeitsinhalt und dem Lohn gehört das Angebot an flexiblen Arbeitsmodellen zu den wichtigsten Faktoren bei der Stellenwahl. Betrachtet man die Generationen getrennt, bietet sich ein überraschendes Bild. Für die Generationen der 35- bis 65-Jährigen ist das Angebot an flexiblen Arbeitszeitmodellen das wichtigere Kriterium als der Lohn. Bei den unter 35-Jährigen landet jedoch der Lohn auf Platz 1 – entgegen der bisherigen Annahme, dass das Gehalt für die Generationen Y und Z eine untergeordnete Rolle spielt. Eine Erklärung für dieses Resultat wäre, dass man sich im jüngeren Alter noch nicht in der Lohnklasse befindet, die man sich wünscht und dem Lohn deshalb einen höheren Stellenwert einräumt. Mit 35+ hat man hingegen oft den Lohn, mit dem man seinen Lebensunterhalt bestreiten kann, deshalb rücken Arbeitsinhalt und Flexibilität mehr in den Fokus.
Als ich mit meiner Masterarbeit begonnen habe, stand bei uns im Unternehmen der HDI Global SE ein Umzug in ein Open Space Office im Prime Tower bevor. Das Management hatte Bedenken, dass die Mitarbeitenden möglicherweise skeptisch sein könnten gegenüber dem offenen Büro und deshalb vermehrt von zuhause aus arbeiten wollen. Deshalb kam die Überlegung auf, nur noch zwei Tage Homeoffice pro Woche zu erlauben statt wie bisher drei Tage. Aufgrund meiner Erkenntnisse aus der Masterarbeit und meiner Argumentation, dass das Büro so attraktiv gemacht werden müsse, dass die Mitarbeitenden gerne dort arbeiten, hat sich das Management dazu entschieden, die bestehende 3-Tage-Regelung beizubehalten. Gut ein Jahr nach dem Umzug gilt dies nun als beste Entscheidung. Denn die Mitarbeitenden kommen teilweise freiwillig mehr als zwei Tage ins Büro, ohne dass sie dazu gezwungen werden mussten.
MAS Business Administration
Im Studienprogramm (MAS) Business Administration eignen sich die Studierenden ein breites, generalistisches betriebswirtschaftliches Wissen an und beschäftigen sich mit Methoden, die ihnen in verschiedenen Bereichen ihres Berufsalltags nützlich sind. Zudem setzen sie sich mit dem eigenen Handeln als Fach- und Führungsperson auseinander und lernen, ihre Rolle kritisch zu reflektieren und sich darin weiterzuentwickeln. Der Transfer des erworbenen Wissens in die Unternehmenspraxis bildet dabei einen wichtigen Aspekt.