Für die Stärkung der höheren Berufsbildung – Gegen Titelzusätze

Die höhere Berufsbildung muss insgesamt gestärkt werden. Darüber sind sich alle Seiten einig. Unklar ist jedoch, auf welchem Weg dieses Ziel erreicht werden kann. Der Bund hat nun entsprechende Massnahmen vorgeschlagen. FH SCHWEIZ unterstützt diese Bestrebungen, spricht sich jedoch gegen die Einführung von Titelzusätzen aus.

Ausgangslage

Die höhere Berufsbildung zählt zusammen mit den Hochschulen zur Tertiärstufe des Bildungssystems. Sie umfasst folgende Abschlüsse:

  • Eidgenössisch anerkannte Bildungsgänge an Höheren Fachschulen HF (Bildungsgänge HF vermitteln Absolvierenden der Sekundarstufe II Fach- und FĂĽhrungskompetenzen in einem bestimmten Berufsfeld.)
  • Eidgenössische BerufsprĂĽfungen BP (BP mit eidgenössischem Fachausweis (EFA) ermöglichen Berufsleuten eine fachliche Vertiefung und Spezialisierung nach der beruflichen Grundbildung oder einem anderen Abschluss der Sekundarstufe II.)
  • Eidgenössische höheren FachprĂĽfung HFP (Die HFP mit eidgenössischem Diplom (ED) verfolgt zwei Ziele: Zum einen qualifiziert sie Berufsleute als Expert:innen in ihrem Berufsfeld. Zum anderen bereiten sie die Studierenden auf das Leiten eines Unternehmens vor.)

Ziel

Der Bund verfolgt mit den vorgeschlagenen Massnahmen das Ziel, die Attraktivität der höheren Fachschulen und der höheren Berufsbildung insgesamt zu steigern. Diese Bildungswege werden in der Öffentlichkeit bisher nur unzureichend wahrgenommen, was sich ändern soll. Dabei sollen alle Bereiche der höheren Berufsbildung, einschliesslich der eidgenössischen Berufs- und höheren Fachprüfungen, berücksichtigt werden.

Massnahmen

Um die Attraktivität der höheren Berufsbildung insgesamt zu erhöhen, braucht es eine Verbesserung der Bekanntheit, Sichtbarkeit und des Ansehens der höheren Fachschulen sowie der eidgenössischen Berufs- und höheren Fachprüfungen. Vorgeschlagen sind vom Bund daher folgende Massnahmen:

  • EinfĂĽhrung eines Bezeichnungsrechts «Höhere Fachschule»
  • EinfĂĽhrung der Titelzusätze «Professional Bachelor» und «Professional Master» fĂĽr die AbschlĂĽsse der höheren Berufsbildung
  • EinfĂĽhrung von Englisch als mögliche zusätzliche PrĂĽfungssprache bei eidgenössischen Berufs- und höheren FachprĂĽfungen
  • Flexibilisierung des Weiterbildungsangebots der höheren Fachschulen (Nachdiplomstudien NDS HF)
  • Stärkere Zusammenarbeit zwischen den Akteuren der höheren Berufsbildung und der Hochschulen
  • Optimierung der heutigen öffentlichen Finanzierung bei den höheren Fachschulen
  • Umsetzung von Kommunikations- und Marketingmassnahmen
  • Optimierung der Governance im Bereich der höheren Fachschulen

Haltung FH SCHWEIZ

FH SCHWEIZ hat in der entsprechenden Vernehmlassung zu den Massnahmen des Bundes eine Stellungnahme abgegeben. Nachfolgend die Details zum Inhalt.

Unterstützung der Ziele

Grundsätzlich unterstützt FH SCHWEIZ die Massnahmen zur Stärkung der höheren Berufsbildung. Die höhere Berufsbildung ist ein sehr wichtiger Teil der Schweizer Bildungslandschaft. Sie ermöglicht allen Personen einen Abschluss zu machen, der für eine anspruchs- und verantwortungsvolle Berufstätigkeit erforderlich ist. Die höhere Berufsbildung ist auch wichtig für die Durchlässigkeit im Schweizer Bildungssystem. So ermöglicht sie auch einen Weg an die Fachhochschulen ohne Berufsmaturität. Absolvent:innen eines Abschlusses der höheren Berufsbildung sind top ausgebildet und sofort bereit für den Arbeitsmarkt. Diplomand:innen der höheren Berufsbildung sollten von den Arbeitgebenden geschätzt und ihre Qualitäten erkannt werden.

Fokus Titelzusätze

Im Speziellen eingehen möchten wir in dieser Stellungnahme auf die vorgeschlagene Einführung der Titelzusätze «Professional Bachelor» und «Professional Master» für die Abschlüsse der höheren Berufsbildung. Hier ist der Vorschlag vom Bund, dass einheitliche Titelzusätze pro «Abschlusstyp» eingeführt werden sollen. Alle eidgenössischen Berufsprüfungen mit eidg. Fachausweis sowie alle Bildungsgänge HF mit Diplom HF sollen den Titelzusatz «Professional Bachelor» erhalten. Alle eidgenössischen höheren Fachprüfungen mit eidg. Diplom sollen den Titelzusatz «Professional Master» verliehen werden. Ziel des Bundesrates ist es, mit dem Titelzusatz die Einordnung der Abschlüsse der höheren Berufsbildung, insbesondere im internationalen Kontext, zu verbessern.

Gründe gegen Titelzusätze

FH SCHWEIZ ist nach wie vor gegen die Einführung von Titelzusätzen in der Höheren Berufsbildung. Denn die in der Vernehmlassung vorgeschlagene Lösung eines Zusatzes «Professional Bachelor» bzw. «Professional Master»

  • stellt die AbschlĂĽsse der Berufsbildung jenen der Hochschulen gleich,
  • negiert die verschiedenen Stundenerfordernisse im zugrundeliegenden ECTS-Credits-System im Hochschulbereich und
  • läutet mit einer neuen, auch seitens Arbeitsmarkt höchst unerwĂĽnschten und in der Praxis Verwirrung stiftenden Doppelspurigkeit das Ende des dualen Bildungssystems ein, was zu einer substanziellen Schwächung des Schweizer Bildungssystems fĂĽhrt.

Ausbau Diplomzusatz

FH SCHWEIZ anerkennt die Zielsetzungen, schlägt aber anstelle von Titelzusätzen einen Ausbau des anerkannten und bestens bekannten Diplomzusatzes in der Höheren Berufsbildung vor.
Der Diplomzusatz

  • dient zur Einordnung des Titels und der damit verbundenen Kompetenzen.
  • Der Diplomzusatz hilft den Arbeitgebenden zu verstehen, was hinter dem Diplom und dem Abschluss steckt. Und:
  • Der Diplomzusatz ist ein internationaler Standard.

Alternativer Einbau im Diplomzusatz

Sollte dennoch wie vom Bundesrat vorgeschlagen, ein Zusatz eingefĂĽhrt werden, dann ist ein solcher im Diplomzusatz einzubauen. Denn

  • Diplomzusätze werden fĂĽr alle AbschlĂĽsse der höheren Berufsbildung ausgestellt.
  • Sie enthalten Informationen, die Arbeitgebenden im In- und Ausland eine Einschätzung der fachlichen Kompetenzen der Absolvent:innen ermöglichen.
  • Im Diplomzusatz ist jeweils auch das Niveau vom Nationalen Qualifikationsrahmen Berufsbildung (NQR BB) abgedruckt. Hier kann, je nach Abschluss der Höheren Berufsbildung, zudem ein Hinweis ergänzt werden, dass dieses NQR-BB-Niveau mit einem Bachelor oder Master vergleichbar ist.
  • Mit einem zusätzlichen Hinweis betreffend «Bachelor» bzw. «Master» kann das Niveau der bewerbenden Person noch besser eingeschätzt werden. Ein zusätzlicher Aufdruck im Diplom oder die Handhabung als Titelzusatz erĂĽbrigt sich dadurch.
  • Ausserdem empfehlen wir, im Diplomzusatz neben dem Niveau im Nationalen Qualifikationsrahmen Berufsbildung (NQR BB), zusätzlich die jeweilige Klassifikation gemäss ISCED aufzufĂĽhren. Denn um die Leistungsfähigkeit von Bildungssystemen miteinander zu vergleichen, hat die UNESCO eine Internationalen Standardklassifikation fĂĽr Bildung (International Standard Classification for Education ISCED) entwickelt. ISCED 6 entspricht dabei dem Niveau Bachelor oder äquivalent. ISCED 7 entspricht der Stufe Master oder äquivalent. Im ISCED werden die höheren FachprĂĽfungen mit eidg. Diplom (HFP) auf Stufe 7 eingeordnet. BerufsprĂĽfungen mit eidg. Fachausweis (BP) und das Diplom HF werden auf Stufe 6 klassifiziert.

Befürwortung anderer Massnahmen

Was die anderen in der Vernehmlassung vorgeschlagenen Massnahmen betrifft, werden diese von FH SCHWEIZ befürwortet. FH SCHWEIZ unterstützt den Vorschlag, dass sich nur Bildungsanbieter mit einem eidgenössisch anerkannten Bildungsgang «Höhere Fachschule» nennen dürfen. Ausserdem erachten wir die Einführung von Englisch als mögliche zusätzliche Prüfungssprache bei eidgenössischen Berufs- und höheren Fachprüfungen als sinnvoll. Auch sinnvoll ist die Flexibilisierung des Weiterbildungsangebots der höheren Fachschulen (Nachdiplomstudien NDS HF).

Unterstützung weiterer Massnahmen

FH SCHWEIZ unterstützt auch die weiteren geplanten Massnahmen ausserhalb von rechtlichen Grundlagen auf Bundesebene. Wir erachten es als wichtig, dass es eine stärkere Zusammenarbeit zwischen den Akteuren der höheren Berufsbildung und der Hochschulen gibt und die heutige öffentliche Finanzierung bei den höheren Fachschulen optimiert wird. Viel zur Stärkung der höheren Berufsbildung wird auch beitragen, dass Kommunikations- und Marketingmassnahmen auf verschiedenen Ebenen stattfinden sollen. Dies führt zu einer Erhöhung der Sichtbarkeit und Bekanntheit der Abschlüsse der höheren Berufsbildung als Teil der Tertiärstufe in Gesellschaft und Wirtschaft. Diese Erhöhung der Sichtbarkeit und der Bekanntheit trägt wahrscheinlich mehr zur Stärkung der HBB bei als allfällige Titelzusätze.

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