Mit Brille und Gehstock im Vorlesungssaal

Angela Cantieni
Studentin Hochschule Luzern
  • 16.08.2018
  • 3 min
Genau wie alle anderen Studenten kämpfen sie sich durch bergeweise Stoff, lernen angestrengt für Prüfungen und schreiben sich ihre Finger an diversen Arbeiten wund. Sieht man sie in der Uni oder an der Hochschule stechen sie aber hervor wie graue Hunde.

Gemeint sind die Oldtimer unter den Studenten. Diejenigen, die sich entscheiden, erneut die Schulbank zu drücken. Gemeinsam mit ihren Mitstudenten, welche ihre Kinder, wenn nicht sogar Grosskinder sein könnten, stellen sie sich den Herausforderungen des Studentenseins. Doch welche zusätzlichen Hürden muss so ein «grauer Hund» oder «alter Hase» überwinden? Und warum entscheidet man sich dafür erneut zu studieren?

Britta ist eine solche «Häsin». Anfang Fünfzig hat sie sich nochmals dafür entschieden. Sie will studieren. Heute, drei Jahre später, ist sie stolze Absolventin an der PH Nordwestschweiz. Die letzten Jahre waren für sie spannend, anstrengend aber auch aufregend. Ab und zu gab es amüsante Situationen. Diese nicht zuletzt wegen ihres Alters. Beispielsweise gab es anfangs öfters Mitstudenten, die sie für eine Dozentin hielten. Aber nicht nur die deutlich jüngeren Mitstudenten verwechselten sie. Auch Dozenten wussten teils nicht, ob es sich jetzt um eine Kollegin oder doch um eine Studentin handelte.

Das höhere oder andere Alter bringt aber nicht nur lustige Situationen mit sich. Ältere Studenten stehen vor anderen Hürden als ihre jüngeren Kollegen. Im Beispiel von Britta kam neben dem Aufwand, der durch das Studium entstand auch noch einen Haushalt, Familie und eine Teilzeitanstellung dazu.

Ihre Kinder, welche mittlerweile erwachsen sind, studieren selbst. Die dadurch gewonnene Freiheit und zusätzliche Unterstützung ist sicherlich auch ein Grund, warum sich so mancher Oldtimer, wie Britta dazu entscheidet, eine neue Route einzuschlagen. Es kann aber auch eine zusätzliche Belastung und Grund sein, um neben dem Studium noch einer Anstellung nachzugehen, damit die Kosten für alle Ausbildungen gedeckt sind.

Es gibt aber nicht nur finanziellen Hürden. Denn ältere Studenten stehen im direkten Vergleich zu den «jungen Hasen». Kann man als Oldtimer von null auf hundert in ein Studium einsteigen? Schafft man es mitzuhalten? Kann Hans doch noch etwas dazulernen oder bleibt es dabei, was Hänschen gelernt hat?

Warum sich also all diesen Hürden stellen? Für Britta war es ganz klar: Es lohnt sich! Denn ein späteres oder erneutes Studium eröffnet neue Karrierewege und bessere Entlohnung. Ausserdem gab es gewisse Ausbildung in heutiger Form früher noch nicht. Heute gibt es einfach mehr Möglichkeiten.

Es macht für einige Oldtimer Sinn, sich neu zu orientieren und noch einmal Gas zu geben. Die Befürchtungen den «jungen Hasen» in etwas nachzustehen sind unbegründet. Immerhin können ältere Studenten auf über Jahrzehnte hinweg gesammelten Erfahrungen zurückgreifen. Sie haben nicht nur Berufserfahrung, sondern auch Menschenkenntnis und oftmals eine ausgereiftere Selbsteinschätzung. Sie wissen, wie sie in gewissen Situationen reagieren und können auch besser abschätzen, wofür es sich lohnt viel Zeit zu investieren. Und wer schon ein Studium mit 50 oder mehr Jahren auf dem Buckel in Angriff nimmt, der will seinen jüngeren Mitstudenten sicherlich in nichts nachhinken.

Kommentare