Remo Burkart leitet die Zürcher Niederlassung des auf Personaldienstleistungen spezialisierten Unternehmens Jörg Lienert. Sein bunter Bildungs- und Berufshintergrund macht ihn, gepaart mit seinem Interesse an Menschen und ihren Geschichten, zum idealen Spezialisten für die Suche nach Fach- und Führungskräften. Im Interview erklärt er, was es heisst, für ein Unternehmen einen neuen Chef zu finden und was Kunden etwa bereit sind, dafür zu bezahlen.
Remo Burkart: Die Begriffe liegen schon sehr nahe beisammen. Dennoch gibt es Unterschiede. Im Bereich Executive Search arbeiten wir mit Ausschreibungen, Headhunter eher mit Direktansprache. Aber auch das kann bei uns vorkommen, wir haben verschiedene Arten, Kandidat:innen zu suchen. Die Trennung der Begriffe liegt darin, dass wir auf Mandatsbasis suchen. Das Ziel ist es letztlich, für unsere Kundin den Kandidaten mit bestmöglichem Match für die Stelle zu finden.
Nein. Tun wir nicht.
Wir haben alle Mittel selber, auch das Netzwerk. Das zeichnet uns aus: ein starkes nationales Netzwerk, über alle Branchen hinweg, von KMU bis Grossunternehmen, NPO, Stiftungen, Vereine. Dafür sind wir nur national tätig und nicht international. Wir erhalten zwar Anfragen von Headhuntern, die uns Dossiers zustellen möchten. Doch meist haben wir diese ohnehin bereits in der Datenbank oder sie sind sogar im aktuellen Prozess.
Ich war lange in Führungspositionen, vor allem im Marketing. Mit der Zeit schien mir dieses Feld immer mehr austauschbar. Dazu ist man mit der Zeit immer weniger gefragt, jüngere mit besseren Social-Media-Kenntnissen rücken nach. Also machte ich mir Gedanken darüber, was ich gut kann und gerne mache. Es kristallisierte sich heraus, dass es etwas mit Menschen, mit Beratung, mit Wirtschaft und Psychologie zu tun haben sollte. Ich habe mich bei Jörg Lienert blind beworben und wurde gleich als Mandatsleiter engagiert.
Ich habe mich blind beworben und wurde gleich als Mandatsleiter engagiert.
Remo Burkart
Es ist ein prozentualer Anteil auf das Jahresgehalt, das stimmt.
Man sagt so plus/minus 20 Prozent auf das Bruttojahresgehalt. Aber das ist sehr unterschiedlich und hängt von verschiedenen Faktoren ab: welche Kaderstufe, welche Branche? Was für ein Unternehmen? Im NPO-Bereich ist es sicher tiefer als bei einem börsenkotierten Unternehmen.
Wir machen den Gesamtprozess. Zuerst erstellen wir mit dem Kunden das Profil: Was soll die Kandidatin können, welche Kultur hat das Unternehmen, wie ist der Führungsstil der oder des Vorgesetzten? Danach starten wir die Suche, sind begleitend bei den Gesprächen dabei, sichern mit Assessments die Entscheidung ab und sind, falls gewünscht, bei der Vertragsunterzeichnung und während der Probezeit mit dabei. Wir begleiten beide Seiten. Nur durch diese Nähe kann man den bestmöglichen Match finden.
Auch bei unserem Prozess ist es letztlich wie die Spitze des Eisbergs. Man sieht nie ganz in einen Menschen hinein, kennt ihn nie zu 100 Prozent. So kann es natürlich passieren, dass es im Nachhinein doch nicht gepasst hat. Das passiert bei uns selten. Dann aber übernehmen wir den ganzen Prozess nochmals kostenlos innerhalb eines halben Jahres nach Stellenantritt. Wir reden dann von einem sogenannten Garantiefall.
Man sieht nie ganz in einen Menschen hinein.
Remo Burkart
Das Sitzungszimmer zu verlassen ist etwas, das ich sehr befürworte. Gerade auch viele Manager klammern sich gerne an einen Tisch. Aber Menschen lernt man am besten kennen, wenn man sie aus der gewohnten, sicheren Umgebung holt. Daher empfehle ich sehr, ein Treffen mit den letzten Kandidaten zum Beispiel mit einem Essen oder einer Betriebsbesichtigung zu verbinden. Ein Kunde aus einem börsenkotierten Unternehmen trifft die beiden letzten Kandidierenden immer auf einen Spaziergang in der Natur. Er sagt, er wisse jeweils bereits, wer es sein werde, wenn die Person aus dem Auto steige.
Nein, bei uns ist das kein Tabu. Denn letztlich lebt alles vom Netzwerk. Und weil wir auf Mandatsbasis arbeiten und alles crossmedial ausschreiben, gilt: Jeder und jede, der oder die sich interessiert und sich fähig fühlt, soll sich bewerben. Auch ein Bekannter von mir, der sich passend fühlt, wird in den Prozess aufgenommen. Er geht auch durch das Verfahren wie alle anderen. Die Entscheidung trifft ja am Schluss immer der Kunde. Daher ist es für uns kein No-Go und kann durchaus auch ein Szenario sein. Grenzwertig wäre, wenn wir der Kundin nur diesen einen Kandidaten anbieten würden. Aber das tun wir ja nicht.
Da sind wir stark vertreten, das ist sehr wichtig. Gerade Direktansprachen erfolgen häufig über LinkedIn. Daher ist es auch wichtig, sein Profil aktuell zu halten und gut zu führen. Online ist die Schwelle generell tiefer, jemanden anzusprechen und Kontakte zu knüpfen. So gesehen ist LinkedIn zu einem grossen Türöffner geworden. Dennoch bleibt es für uns eines von vielen Puzzleteilen in der Ausschreibung.
Rein aus Marketingsicht ist das für uns noch immer eines der wichtigsten und relevantesten Tools, weil am glaubwürdigsten. Eine Empfehlung dieser Art hat eine hohe Relevanz und Qualität. Nach wie vor erhalten wir auch sehr viele Anfragen, weil wir mündlich empfohlen wurden. Sie ist also ein wichtiger Faktor für unseren Erfolg.
Ich sehe das ganz ehrlich gesagt nicht. Wenn ein Auftraggeber falsche Vorstellungen hat, dann besprechen wir das mit ihm. Ich erlebe auch nicht, dass Frauen für dieselbe Position weniger verdienen würden. Das Lohnband ist immer klar, egal ob Mann oder Frau. Klar hat Berufserfahrung eine Relevanz, aber das pendelt sich dann in dem Lohnband entsprechend ein. Wir sehen nie, dass, wenn es schliesslich eine Frau ist, weniger Lohn angeboten würde. Was ich bei Frauen eher sehe ist, dass sie selbstkritischer sind und teils vorsichtiger verhandeln. Und wir sehen, dass der Lohn nicht alleine entscheidend ist, gerade bei Jüngeren. Flexibles Arbeiten und weitere Freiheiten, Ferien oder Arbeitsstunden pro Woche, zählen fast genauso stark.
Was soll ich nun sagen (lacht). Klar, das kommt auch in unserer Branche vor, sowie in allen anderen. Aber ein Wechsel war nie ein Thema für mich.
Neu erscheinen im Monatsrhythmus Beiträge auf der Newsplattform watson, die aus unserer fhnews-Redaktion (betrieben von FH SCHWEIZ) stammen. Darin geht es um Trends in der praktischen Aus- und Weiterbildung, sowie Arbeit und Karriere – jeweils anhand von Persönlichkeiten mit FH-Bezug. Du findest die Beiträge im Blog «Top Job» auf watson. Ergänzend dazu gibt es hier Tipps und Wissen zu diesen Themen.