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Neue berufliche Realitäten als Prämisse für den Umbau des Firmensitzes

  • 19.09.2024
  • 6 min
Hinter grossen Glasfenstern und dicken Betonwänden verbirgt sich ein ganzes Universum, dessen architektonische Gestaltung lange Zeit unveränderlich schien. Wie ein Schachbrett, wo vier Seiten die Grenzen setzen und der Bewegungsspielraum jeder Figur ein klarer Indikator für ihre hierarchische Position ist. Um mit der Zeit zu gehen, müssen die Spielregeln sich aber neuen Arbeitsweisen anpassen und alte Gewohnheiten über Bord geworfen werden. Die Vaudoise Versicherungen verfolgen dieses Ziel seit einigen Jahren mit ihrem «Test & Learn»-Programm WorkSmart. Die Renovation ihres denkmalgeschützten Geschäftssitzes steht sinnbildlich dafür.

Un article rédigé par Laure Bruttin-Franck pour Bilan.ch, le 25.07.2024

 

Die Arbeitswelt hat sich gewandelt: mehr Homeoffice, flexible Arbeitsplätze im Coworking Space oder Sitzungszimmer, die eine Kombination aus Präsenz- und Fernsitzungen ermöglichen. Von kleinen Umstellungen bis hin zum Paradigmenwechsel – Unternehmen können diesen Wandel nicht ignorieren und müssen vorausschauend handeln. Nur so können bestehende Teams erhalten, neue Talente angeworben und die Arbeitgebermarke zeitgemäss auf das höchste Level gehoben werden.

Erfahrungswerte als Ausgangspunkt

 

Die Vaudoise hat das früh begriffen und so folgten auf Worte sehr schnell Taten. Im Rahmen des WorkSmart-Programms hat das Unternehmen einen Prozess entwickelt: von der Ermittlung der Bedürfnisse der Mitarbeitenden über das Suchen und Testen von Lösungen bis hin zum Entscheid über deren Umsetzung. Das Ganze baut auf drei Säulen auf: «Die Gestaltung von Arbeitsräumen, die Einführung technologischer Instrumente, um Bedürfnisse zu ermitteln (z. B. Messung der Arbeitsplatzbelegung), und die Begleitung bei den Veränderungen», erläutert Martin Briat, Verantwortlicher WorkSmart bei der Vaudoise. «Im Zentrum dieser Überlegungen standen die Erfahrungen der Nutzerinnen und Nutzer der Räumlichkeiten (die Teams, aber auch die Direktion) und der Standard, den wir unseren Teams und unseren Kundinnen und Kunden in unseren Gebäuden bieten möchten», ergänzt er.

Dazu mussten jedoch zunächst die Erwartungen der Teams gemessen werden. Damit sollte vermieden werden, kurzfristige Trends zu übernehmen und auf schlüsselfertige Lösungen für die Gestaltung der Arbeitsräume zu setzen. «Wir haben eine Zufriedenheitsumfrage bei allen Mitarbeitenden vor und nach den Veränderungen durchgeführt. Anhand dieser Umfrage konnten wir die Schwerpunkte festlegen, an denen wir arbeiten wollten, und anschliessend ihre Relevanz messen. Parallel dazu haben wir eine Community mit 25 Mitarbeitenden in allen hierarchischen Funktionen und Rollen zusammengebracht. Diese sollen die Teams unterstützen, Anfragen weiterleiten und ihre Meinung zu Vorschlägen abgeben.» So findet ein regelmässiger Austausch statt und das Vorhaben gewinnt Akzeptanz.

Der SchlĂĽssel: Iteration

Der Gebäudekomplex an sich stellt schon eine Herausforderung dar. Und wenn es so komplex ist wie bei der Vaudoise – der Hauptsitz der Vaudoise setzt sich aus vier Gebäuden zusammen – ist die Angleichung der Bedürfnisse an die bestehende Architektur eine Mammutaufgabe.

«Der Schlüssel ist ein iterativer Prozess», meint Martin Briat. Ein erstes Modell zur Modernisierung der Arbeitsräume wurde an einem Gebäude getestet. Beim zweiten Modell konnte man die Erkenntnisse aus dem ersten Modell aufgreifen und dann an einem dritten und schliesslich einem vierten jeweils noch verfeinern. Ein umfangreiches «Test & Learn», mit dem Vorteil, dass die Mitarbeitenden während drei bis sechs Monaten zwischen Testphase und finaler Umsetzung vorbereitet werden können.

Auch die Führungsteams sollten mit bewährten und abgestimmten Lösungen auf die Einrichtung der grössten Baustelle der Vaudoise vorbereitet werden: die Modernisierung des zwischen 1952 und 1956 vom Architekten Jean Tschumi erbauten Geschäftssitzes. Im Zuge von WorkSmart bot sich für die Vaudoise mit dieser Grossbaustelle die Gelegenheit, die Inneneinrichtung der Räume zu verändern.

Die Renovation des historischen Gebäudes: ein Balanceakt zwischen Kulturerbe und neuer Arbeitswelt

2017 wurden erste Überlegungen zur Renovation des Gebäudes aus dem Jahr 1956 angestellt «aus Gründen der Gebäudethermik, um den Komfort für die Teams zu erhöhen». Nach einer zweijährigen von Professor Franz Graf durchgeführten Studie wurde die Renovation des Gebäudes von nationaler Bedeutung validiert. Bei dem 2020 lancierten Architekturwettbewerb setzte sich dann das Projekt «Un moment charnière» des Architekturbüros Itten+Brechbühl durch. Ein doppeldeutiges Wortspiel im Französischen, wie Martin Briat erklärt: «Das Gebäude ist rechtwinklig gebaut, mit einem Hauptgebäude zum See hin und einem Flügel entlang der Avenue des Bains. Die Mitte, wo sie zusammenkommen, fungiert im figurativen Sinn als Scharnier. Bei seiner Realisierung in den 1950er-Jahren war an dieser Stelle die Pulsader des Gebäudes, denn hier wurde die Post bearbeitet, damals der Kern der Geschäftstätigkeit der Vaudoise.» Und dann wurden die ersten Drucker installiert.

«Un moment charnière» beschreibt also, was für ein wichtiger Wendepunkt diese grosse Renovation für die Vaudoise bedeutet und wie zukunftsweisend sie ist. «Die Idee ist, diesen Dreh- und Angelpunkt wiederzubeleben, indem wir die Mitarbeitenden ins Zentrum unserer Tätigkeiten stellen.» Die «Scharniere» von einst pulsieren durch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Gebäude weiter. Auf allen Etagen wird es einen dieser zentralen Marktplätze als festes Element geben. Aufenthaltsräume, eine Cafeteria, eine Bibliothek, Ruhebereiche für konzentriertes Arbeiten sowie Sitzungszimmer mit verbesserter Ergonomie und Technologie ... Innovation wo man hinsieht und alles basierend auf den Erfahrungen aus den anderen Gebäuden der Gruppe. Die grösste Herausforderung scheint bereits gemeistert zu sein: die Teams für die Veränderungen zu begeistern.

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