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«Pflege nach Schema X ist nur selten passend»

Was leisten BSc-Pflege-Absolvent:innen nach ihrem Studium in der Praxis? Interview mit Dr. Irène Ris, Studiengangleiterin und Dozentin BSc Pflege.

Die Ausbildungsoffensive hat als Teil der Pflegeinitiative zum Ziel, die Anzahl der Abschlüsse zu erhöhen. Das betrifft insbesondere das Grundstudium Bachelor of Science (BSc) in Pflege. Irène Ris zeigt auf, welche Bedeutung diesem wichtigen Puzzleteil im Gesundheitswesen zukommt und welch vielfältige Möglichkeiten der Beruf bietet.

Welche Themen und Inhalte vermittelt der Studiengang BSc in Pflege?

Irène Ris: Die Ausbildung ist wissenschaftsbasiert. Sie vermittelt neben den praktischen Grundlagen auch pflege- und wissenschaftstheoretische Grundlagen und das Handwerk zum wissenschaftlichen Arbeiten. Dadurch werden Absolvent:innen befähigt, nicht nur nach Schema X zu pflegen, sondern die Pflegeempfangenden und ihre Familien in ihrer Lebenswelt persönlich und individuell wahrzunehmen und ihnen dadurch die bestmögliche Unterstützung zu bieten. Die Beobachtung von Symptomen, ihre Einordnung, das Ziehen von Schlussfolgerungen und die Einleitung von Massnahmen erfordern ein umfassendes Wissen von Menschen, medizinischer Behandlung und Medikation.

Und in welchen Funktionen sind die Absolvent:innen nach dem Abschluss tätig?

Nach einer gewissen Zeit der Berufserfahrungen übernehmen sie Zusatzfunktionen wie zum Beispiel Fach- oder Ausbildungsverantwortung. Sie bilden sich nicht selten mit einem Master weiter und übernehmen anspruchsvolle Aufgaben einer Pflegeexpertin im neuen Berufsbild der Advanced Practice Nurse (APN).

Warum braucht es eigentlich Expert:innen mit FH-Abschluss in der Pflege?

3 Nach 20 Jahren BSc Pflege und mehr als ausreichend wissenschaftlicher Evidenz für die Wirkung dieser Professionalisierung bei der Sicherheit der Pflegeempfangenden irritiert diese Frage. Und doch werden wir sie nicht los. In Schweden, Holland, Irland, England, den USA oder Neuseeland beispielsweise ist der Beruf vollakademisiert und das Diplom erfordert einen Hochschulabschluss. Bei uns wird interessanterweise das Hochschulstudium bei anderen Praxisberufen wie Medizin, Hebamme, den Therapieberufen oder Osteopathie nicht in Frage gestellt. Doch auch für die Betreuung von Patient:innen und ihren Familien benötigen wir die bestausgebildeten Pflegefachleute, nicht nur um die Qualität aufrecht zu erhalten, sondern um Geld zu sparen. Eine Pflege nach Schema X ist in den seltensten Fällen passend und führt leider zu oft zu Fehlversorgung, Komplikationen, verlängerten Spitalaufenthalten, potenziell vermeidbaren Wiedereintritten und Todesfällen.

Wie wecken Sie das Interesse am Studium und generieren mehr Abschlüsse?

Indem dem schlechten Image der Pflege und den verbreiteten Klischees und stereotypisierenden Darstellungen ein realistisches Bild der Fachlichkeit und Vielfältigkeit entgegengesetzt wird. Indem den Studierenden eine sichere Ausbildung und ein ebensolcher Übergang in die herausfordernde Praxis, ohne Realitätsschock, ermöglicht wird. So bewahren sie die Freude am gewählten Beruf und verbleiben in diesem. Dazu gilt es, ihnen Weiterbildungsmöglichkeiten und Karrierepfade aufzuzeigen und eine Vision zu vermitteln. Wir initiieren verschiedene Massnahmen, um neue Zielgruppen zu erreichen und bestehende besser anzusprechen. Dazu zählen auch neue und flexible Unterrichtsformen.

Wo orten Sie noch Potenzial?

Die Motivation, das Studium anzutreten, liegt sicher auch im Ansehen und der Wertigkeit des Pflegeberufs in der Gesellschaft und den individuellen Entwicklungsmöglichkeiten im Berufsfeld. Schön wäre, wenn der Pflegeberuf auch für Männer attraktiv oder auf dem zweiten oder dritten Bildungsweg möglich wäre. Hierzu muss das Studium jedoch existenzsichernd absolviert werden können. Um dies zu erreichen, muss auch die Politik ein ernsthaftes Interesse daran haben, das Pflegestudium auf Fachhochschulniveau zu fördern.

Dieses Interview ist Teil des ZHAW-eSpecials zum Thema «Pflege».

 

 

 

 



 

 

 

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