Ohne Licht wĂĽrde auf der Erde kein Leben existieren. Licht ist ein essenzieller Bestandteil vieler Lebewesen. Doch wie viel Licht und in welcher Zusammensetzung diese auf den Organismus trifft, ist je nach Ort und Tageszeit sehr unterschiedlich. Was ist Licht genau? «Die Definition beschreibt Licht als denjenigen Teil des elektromagnetischen Spektrums, fĂĽr die unsere Farbrezeptoren in den Augen sensibel sind und als Lichtreize wahrgenommen werden. Sichtbares Licht bewegt sich typischerweise zwischen 400nm und 800nm», erklärt Remo Oberholzer, der GrĂĽnder und Entwickler von Aurora.Â
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Aurora entstand als Projektarbeit im Umweltingenieurstudium an der ZĂĽrcher Hochschule fĂĽr angewandte Wissenschaften. Durch den Austausch mit verschiedenen GemĂĽse- und Zierpflanzenanbauern wurde immer wieder die Komponente Licht im Gewächshaus angesprochen. Da es in dieser Industrie ĂĽblich ist, die Pflanzen fast das ganze Jahr hindurch zusätzlich mit Natriumdampflampen (NDL) zu beleuchten, war dies ein spannender Ansatz, um die Kultivierung effizienter und ökologischer zu machen. «NDL produzieren beträchtliche Abwärme, benötigen viel Strom und leuchten verstärkt in den fĂĽr Pflanzen nicht optimalen Lichtspektren. Sie können leuchten oder sind aus, können jedoch schlecht gedimmt noch in den Wellenlängen angepasst werden», so Remo. Durch die Forschung ist bekannt, dass Pflanzen individuelle Lichtzusammensetzungen fĂĽr ein gesundes Wachstum benötigen. Des Weiteren ist das Lichtspektrum bei Pflanzen im Wachstum aus unseren Breitengraden durch die Jahreszeit bedingt anders zusammengesetzt als in der BlĂĽtenphase. Diese ganzjährlichen Schwankungen können nicht von NDL imitiert werden. Mittlerweile gibt es Lampen-Hersteller, die verstärkt auf LED-Technik setzen. «Diese weisen zwar ein optimiertes Lichtprofil auf, was jedoch meist auf die bestens bekannte Hanfpflanze oder einigen Salaten angepasst ist somit keine Anpassungsmöglichkeiten an andere Kulturen bietet. So lässt sich fĂĽr die Wachstumsphase und der BlĂĽtephase bloss zwischen zwei Lichtprofilen unterscheiden, wenn man GlĂĽck hat», so Michael Blickenstorfer, der an der Software fĂĽr eine smarte Steuerung arbeitet.Â
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Im Herbst 2019 bildete sich an der ZHAW in Wädenswil das neue SWAG-Team (siehe Artikel fhnews.swag-gemuese-auf-dem-mond) fĂĽr das internationale Studierenden Weltraumprojekt IGLUNA 2021, welches durch das Swiss Space Center initiiert und von der Europäischen Raumfahrtbehörde unterstĂĽtzt wurde. Aurora und SWAG schlossen sich fĂĽr diese einjährige Projekt zusammen, mit dem gemeinsamen Ziel eines Lampen-, als auch eines Pflanzenautomaten-Prototypen. «Wir erhielten seit Anfang 2020 UnterstĂĽtzung durch das Innosuisse Initial Coaching und waren bereits an der Erarbeitung eines Business- sowie Finanzplans», kommentiert Philipp Osterwalder, der fĂĽr das Projektcontrolling zuständig ist. Der Proof of Concept der ersten intelligenten Aurora-Lampe wurde im Juli 2020 der Ă–ffentlichkeit an der Field Campaign in Alpnach (OW) vorgestellt. Kurz zuvor präsentierte das Team ihren Lampen-Prototyp und ihr Konzept der Gebert RĂĽf Stiftung, von der das Team Aurora seitdem eine grosse finanzielle UnterstĂĽtzung im Rahmen des First Ventures Programms erhält (grstiftung-aurora). Daraufhin wurde eine Partnerschaft mit der ZHAW initiiert, um aus dem Projekt Aurora innerhalb eines Jahres ein marktfähiges Produkt zu entwickeln und ein Spinoff zu grĂĽnden.Â
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Durch die Wissenschaft ist bekannt, dass nicht sichtbare Lichtspektren, wie UVA, UVB, UVC oder der Infrarotbereich bestimmte physische und chemische Prozesse von Pflanzen beeinflussen. So kann beispielsweise die Wuchshöhe, Form, Blattmasse oder der ätherische Ă–l Gehalt durch die Bestrahlung von definierten Wellenlängen beeinflusst und verändert werden. «Die Licht-Zusammensetzung am Morgen ist anders als am Mittag. Pflanzen reagieren auf äussere LichteinflĂĽsse und passen sich dem an», erläutert Remo. «Der Pfefferminz Strauch und der Frauenmantel – Alchemilla vulgaris, wachsen beide hier, haben jedoch komplett unterschiedliche AnsprĂĽche an das Licht. Durch den Einsatz bestimmter Licht-Spektren, lässt sich der Gehalt an ätherischem Ă–l erhöhen, wodurch sie wohlriechender und geschmackvoller werden, was fĂĽr die Industrie sehr interessant ist». Mit den komplett selbst entwickelten und gebauten Licht-Systemen lassen sich jegliche Licht-BedĂĽrfnisse von unterschiedlichen Pflanzen abdecken und es können damit sogar Sonnenverläufe und WettereinflĂĽsse simuliert werden. Jedes Licht-System lässt sich individuell oder gruppiert konfigurieren und ĂĽber eine eigens entwickelte Web-Applikation intuitiv steuern. So lässt sich fĂĽr jede Pflanzenart ein eigenes Licht-Profil erstellen, was bei rasch wechselnden MarktbedĂĽrfnissen ebenso wichtig ist, wie in Vertical Farms und in der Forschung. «Wir haben eine breite Palette UV und IR Wellenlängen integriert, um nicht nur den sichtbaren Lichtbereich abzudecken, sondern auch die unsichtbaren Spektren von tiefem UVC bis hohem Infrarot, die fĂĽr Pflanzen ebenso wichtig sind», so Remo. Durch den Einsatz von standardisierbarem und adaptivem Licht sind neue Forschungsfragen und Erkenntnisse erst möglich. So kann sich das Team in Zukunft auch einen Einsatz in den Bereichen der Tierhaltung und Innenbeleuchtung sehr gut vorstellen.Â
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Durch die enge Kooperation mit der ZHAW und einem bereits angelaufenen Forschungs-Projekt, erhielt das Team Aurora den Zuschlag fĂĽr die Umsetzung von mehreren Licht-Systemen in einer Klimakammer auf dem Campus GrĂĽental. Diese Installation konnte Ende März 2021 abgeschlossen und bereits die ersten Pflanzen-Versuche gestartet werden. Um die Licht-Module selbst entwickeln und bauen zu können, suchte das Team Anfang Jahr eine Räumlichkeit und wurde im Startup Park Pilatus in Alpnach fĂĽndig. Dort ist das Team seit Anfang März eingezogen und hat bereits die Entwicklung, Testing und Produktion der nächsten Generation von Pflanzen-Beleuchtungen aufgenommen.Â