Studium abgeschlossen - Wo möchte ich hin?

Glücklicherweise klingt das auf den ersten Blick negativer, als die Wirklichkeit tatsächlich ist. Denn Fakt ist auch, dass dieses Phänomen überwiegend zwischen 21 und 29 Jahren, meistens direkt nach dem Studium, das den Übergang zwischen Ausbildung und Arbeitswelt markiert, auftritt. Die gute Nachricht ist also, dass du nicht alleine bist.

Berufliche Neuorientierung kann helfen

Eine berufliche Neuorientierung, wenn du also während deines Studiums zum Beispiel bereits in einem Betrieb tätig warst, muss nicht, aber kann helfen. Laut einer Studie des Beratungsunternehmens Deloitte gaben 44 Prozent der Befragten unter 28 Jahren an, in den nächsten zwei Jahren den Job wechseln zu wollen. Stehst du selbst vor einem solchen Schritt oder bist gerade in der Berufsfindung, gibt es verschiedene Wege, um herauszufinden, wohin es für dich gehen könnte. Wichtig ist, dass du dich in einem ersten Schritt mit dir selbst auseinandersetzt und dir darüber klar wirst, welche Themen dich interessieren und was für dich in einem beruflichen Kontext wichtig ist. Was macht dir Spaß, was bewegt dich, hast du vielleicht bereits ein Hobby, das du dir auch beruflich vorstellen könntest, oder gibt es vielleicht einen idealistischen Gedanken, den du gerne verfolgen möchtest? Das sind Fragen, die dir helfen können, zu erkennen, was die generelle berufliche Richtung sein könnte. Sie können dir aber auch dabei behilflich sein zu merken, was du eher nicht möchtest, denn auch das ist wichtig zu wissen :).

Ein weiterer Schritt kann dann sein, die verschiedenen Berufsfelder, die dich interessieren, besser kennenzulernen. Dafür können dir verschiedene Berufs- oder Absolventenmessen für Studierende behilflich sein. Da hast du die Möglichkeit, ganz unverfänglich mit Vertretern und Vertreterinnen von verschiedenen Firmen zu sprechen und so einen ersten Einblick in einen Beruf zu erhalten oder erste Kontakte zu knüpfen. Mit Menschen direkt zu sprechen, die einen für dich interessanten Beruf ausüben, ist sowieso keine schlechte Idee. Schau dich in deinem Umfeld um und gehe direkt auf die Leute zu und stelle Fragen zu ihrem Berufsalltag, denn so kannst du realistische Ideen und Erfahrungsberichte sammeln. Laut Recruiter:innen ist Eigeninitiative wohl der Schlüssel zum Erfolg.

Das RIASEC Modell

Nun kann es aber trotz all der guten Tipps doch sein, dass du dir immer noch unsicher bist. Auch dann ist die Hoffnung noch nicht verloren, denn das RIASEC-Modell nach John L. Holland, das in der Berufsberatung oft zur Anwendung kommt, könnte Abhilfe schaffen. Das Modell weist dir aufgrund persönlichkeitsbezogener Interessen spezifische Berufsgruppen zu. Die Buchstaben stehen dabei für folgende Orientierungen:

• “realistische” (R) Typen: practical, physical, hands-on, tool-oriented. Sie bevorzugen tendenziell Tätigkeiten, die Kraft, Koordination und Handgeschicklichkeit erfordern und zu konkreten, sichtbaren Ergebnissen führen, insbesondere im mechanischen, technischen, landwirtschaftlichen Bereich.
• “investigativ-forschende” (I) Typen: analytical, intellectual, scientific, explorative. Sie bevorzugen Aktivitäten, bei denen die Bewältigung von Aufgaben oder Problemen durch Denken, systematische Beobachtung oder Forschung erforderlich ist. Sie weisen Fähigkeiten und Fertigkeiten vor allem im mathematischen und naturwissenschaftlichen Bereich auf.
• “künstlerisch-kreative” (A) Typen: creative, original, independent, chaotic. Sie bevorzugen offene, unstrukturierte Aktivitäten, die eine sprachliche oder künstlerische Selbstdarstellung oder die Schaffung kreativer Produkte ermöglichen, insbesondere im Bereich Sprache, Kunst Musik und Schauspiel.
• “soziale” (S) Typen: cooperative, supporting, helping, healing/nurturing. Sie suchen Tätigkeiten, bei denen sie sich mit anderen in Form von Unterricht, Lehren, Ausbilden, Versorgen oder Pflegen befassen können. Ihre Stärken liegen im Bereich der zwischenmenschlichen Beziehungen.
• “unternehmerische” (E) Typen: competitive environments, leadership, persuading. Sie bevorzugen Tätigkeiten und Situationen, bei denen sie andere mit Hilfe der Sprache oder anderer Mittel beeinflussen, zu etwas bringen, führen, auch manipulieren können. Ihre Stärken bilden Führungs- und Überzeugungsqualität.
• “ordnend-verwaltende” (C) Typen: detail-oriented, organizing, clerical. Sie bevorzugen Tätigkeiten, bei denen der strukturierte regelhafte Umgang mit Daten im Vordergrund steht, insbesondere ordnend-verwaltende Tätigkeiten. Ihre Stärken liegen im Bereich rechnerischer und geschäftlicher Fähigkeiten.

Bei jeder Person sind alle sechs Interessen in unterschiedlich starker Ausprägung vorhanden. In der praktischen Anwendung, wie in einer Berufsberatung, wird der Test beispielsweise wie folgt angewendet: Du erhältst viele Persönlichkeitseigenschaften, die du entweder für dich bejahen oder verneinen musst, und jede dieser Eigenschaften passt du einem der RIASEC-Typen zu. Die Eigenschaften, die du für dich bejaht hast, werden ausgewertet, und es wird geschaut, welche von diesen Buchstaben bei dir am dominantesten sind. Die drei Buchstaben, die am häufigsten vorkommen, ergeben einen Code, den sogenannten „Holland-Code“. Dabei ist der häufigste Buchstabe stets der erste im Code, beispielsweise SIE (1. sozial, 2. intellektuell, 3. unternehmerisch). Wenn du deinen passenden Berufscode herausgefunden hast, kannst du in einem Katalog genau nachschauen, welche Berufe deinem Code zugeordnet werden.

Jedenfalls braucht es manchmal Geduld und etwas Zeit, um herauszufinden, was dein Traumberuf sein könnte. Das Wichtigste dabei ist wohl, dass du dich nicht allzu sehr stressen lässt. :)