Atemschutz mit Chic

Marco Vecato
Stv. Direktor | Gebert Rüf Stiftung
  • 01.04.2020
  • 4 min
Hygiene kann auch Spass machen: Carmen Grange und Gaëlle Rey-Bellet starten ein Label für modische Gesichtsmasken. First Ventures unterstützt das Projekt BREEZ, nächster Eingabetermin ist Mitte Mai.

Sommer 2018: Zwei Masterstudentinnen der Haute école spécialisée de Suisse occidentale (HES-SO) sind auf dem Weg zu einem Innovation Contest zum Thema «Healthy living in China», organisiert von der HES-SO und zwei Universitäten in Shanghai. Beim Verlassen des Flughafens Peking spürt Gaëlle Rey-Bellet, wie ihr die dreckige Luft den Atem nimmt. Sie kauft sich eine Chirurgenmaske. «Denn damals wusste ich noch nicht, dass diese Gadgets gegen Feinstaub wirkungslos sind».

 

Eine Idee ist geboren

Ein Gutes hatte der Zwischenfall. «Wir hatten eine Fragestellung für den Wettbewerb», erzählt Kollegin Carmen Grange. Die beiden Schweizerinnen bilden ein Pitching Team und entwickeln innerhalb von 24 Stunden das Grobkonzept einer neuartigen Gesichtsmaske. Sie soll nicht nur schützen, sondern auch kleiden. 

 

Die Idee findet Anklang bei der Jury. Beim anschliessenden Apéro fragt ein chinesischer Professor, ob man die modischen Masken schon kaufen könne. ‒ Die Geburtsstunde von BREEZ.

 

Zurück in Lausanne beginnen Rey-Bellet und Grange ihre Abschlussarbeit im Masterstudiengang Innokick. Die Arbeit soll aufzeigen, wie sich ein Hygieneartikel in ein alltagstaugliches Accessoire verwandeln lässt. Kurz darauf bewerben sich die beiden jungen Frauen bei First Ventures. Im Januar 2019 kommt die Zusage. Carmen Grange kann es immer noch kaum fassen: «Unsere Business- und Designidee hat sich gegen mehrere Deeptech-Projekte durchgesetzt». 

 

Innovation und Swissness

Zurzeit arbeitet das BREEZ-Team im Innovationspark Ateliers de Renens. Es geniesst Gastrecht in den Räumen der HES-SO. Hier entwickeln Grange und Rey-Bellet ihre Vermarktungsstrategie; sie basiert auf der Marke BREEZ und einer grossen Portion Swissness. 

 

Gaëlle Rey-Bellet greift nach der Schachtel mit dem Prototypen. Dann erklärt sie der Reihe nach die einzelnen Teile: zuerst den Aktivkohlefilter gegen Feinstaub, Pollen und Keime, dann das Abluftventil und schliesslich die auswechselbare Couverture. Von dieser äusseren Hülle soll es künftig eine Sommer- und eine Winterkollektion geben.

 

Einsatz in China...

«Den Markteintritt wollen wir in China wagen», erzählt Carmen Grange. Denn in Ostasien werden Gesichtsmasken schon lange als Accessoires getragen; bunte Gesichtsmasken ‒ oft ohne jede Schutzfunktion ‒ gehören in Metropolen wie Shanghai, Tokio oder Hanoi zum Strassenbild. 

 

Vor Ort ist Hoa Xu für BREEZ unterwegs. Sie studiert an der ShanghaiTech University und gehörte zum Team, das damals mit den beiden Schweizerinnen pitchte. Gemäss ihren Berechnungen gibt es rund zwei Millionen Chinesen, die bereit sein könnten, rund 30 Franken für eine ebenso modische wie wirksame Atemschutzmaske made in Switzerland auszugeben. Im Moment knüpft Xu Kontakte zu Logistikfirmen und potentiellen Vertriebspartnern.

 

...und in der Schweiz

Carmen Grange und Gaëlle Rey-Bellet bereiten derweil in der Schweiz den nächsten grossen Schritt vor: Eine Crowdfunding-Kampagne auf Kickstarter. Sie soll rund 100 000 Franken einbringen und die Finanzierung einer ersten Grossserie ermöglichen.

 

Wie sich die Corona-Epidemie auf das Projekt auswirken wird, wagen die beiden Lausannerinnen nicht zu beurteilen. Einen effektiven Schutz vor Ansteckung bieten Gesichtsmasken gemäss der Weltgesundheitsorganisation WHO nicht. Anderseits wächst weltweit das Bewusstsein für Hygienefragen. Carmen Grange ist vorsichtig optimistisch: «Im Winter nach der SARS-Epidemie haben die Verkäufe von Gesichtsmasken deutlich angezogen».

 

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