Die Semesterferien sind bereits angebrochen. Trotzdem ist am Schweizerischen Literaturinstitut in Biel einiges los – die Vorbereitungen für die diesjährigen Diplomfeiern laufen auf Hochtouren. Bis Lena Thomma ihr Diplom in den Händen hält, muss sie sich noch ein wenig gedulden. Die Aargauerin hat gerade das zweite Semester am SLI abgeschlossen. Zwischen dem Plätschern des kleinen Naturteichs und den grossen Bäumen, die angenehm Schatten spenden, treffen wir Lena Thomma für das Interview.
Ich habe immer gerne geschrieben und gelesen. Ich wollte lange Zeit im Lektorat arbeiten, da habe ich gedacht, dass man Germanistik studieren muss und das konnte ich mir nicht vorstellen. Deshalb habe ich nach dem Gymnasium eine Lehre im Verlagswesen angehängt. In dieser Zeit habe ich gemerkt, dass mir das Akademische nicht besonders zusagt. Mir wurde klar, dass ich etwas studieren will, wo ich voll und ganz dahinterstehe, und Spass habe. Das war dann das Schreiben.
Ich hatte lange Zeit Angst vor dem Schreiben oder immer gedacht: «Das was ich schreibe, muss richtig gut sein.» Seit längerem nehme ich mir jeden Tag vor, dass ich mich hinsetzte und schreibe. Wenn es überhaupt nicht funktioniert, setzte ich mir einen 20-minütigen Timer. Das hilft immer. Wenn man 20 Minuten vor einem leeren Blatt sitzt, ist es nach 20 Minuten nicht mehr leer. Auch wenn es anschliessend nicht gut ist, kann man es überarbeiten. Und wenn es wirklich schlecht ist, ist es nicht so schlimm. Dann hat man am nächsten Tag wieder eine neue Chance.
Komischerweise lasse ich mich sehr wenig von Büchern oder anderen Autor*innen inspirieren, obwohl ich sehr viel lese. Was ich schreibe, kommt viel eher von Filmen und Serien, die ich schaue.
Natürlich lasse ich mich auch vom echten Leben inspirieren oder von Themen, die mich beschäftigen. Meistens sind das die gleichen Themen über mehrere Jahre hinweg. Aber so ganz genau sagen, kann ich es erst im Nachhinein. Dann entdecke ich Sachen in meinen Texten, die mich damals inspiriert haben, mir aber beim Schreiben und Überarbeiten gar nicht bewusst waren. Ich glaube man verarbeitet automatisch immer autobiographisch, was einem selbst beschäftigt, aber man macht das sehr unterbewusst. Wenn ich bereits die Antworten auf die Fragen hätte, würde ich nicht darüberschreiben.
Ich habe ihn tatsächlich noch. Ich habe meinen ersten Text damals auf einseitig bedrucktes Papier geschrieben. Es war ein Bilderbuch und handelte von einer Mäusefamilie, bei dem ein Mäuschen gemobbt wird. Meine Mutter zeigt mir das auch manchmal noch.
In den Semesterferien arbeite ich 70 Prozent und gehe jeden Abend ein bisschen früher. Das macht mich so glücklich, dass ich mir jeden Tag die Zeit zum Schreiben nehmen kann. Ich glaube, dass ich dies in irgendeiner Form auch nach dem Studium weiterführen will. Auf jeden Fall möchte ich nach dem Studium mit lesenden und schreibenden Personen in Kontakt bleiben. Vielleicht möchte ich schon irgendwann ein längeres Projekt publizieren. Das wäre schon cool.
Natürlich wäre es toll, eine grosse Schriftstellerin zu werden. Aber ich glaube da spielen viele externe Faktoren eine Rolle. Im Moment ist es das Wichtigste, dass ich den Spass am Schreiben behalte. Den Rest lasse ich auf mich zukommen.
Wohlwollend, augenöffnend und sehr herzlich.
Dieser Artikel ist als Erstpublikation auf hkb.bfh.ch erschienen.