Oliver Joss: Zu viel. Das Bundesamt für Energie (BFE) hat den sogenannten «Performance Gap» untersucht. Dieser beschreibt den Unterschied zwischen errechnetem Bedarf und effektiv gemessenem Verbrauch. Gemäss BFE beträgt dieser im Einzelfall bis zu 45 Prozent.
Gemäss der Energiestatististik des BFE machen die Haushalte in der Schweiz einen Drittel vom Totalverbrauch aus. Hiervon werden wiederum rund zwei Drittel für Heizung und Warmwasser benötigt – also gut zwanzig Prozent des gesamten Energieverbrauchs in der Schweiz. Dazu kann ich nur eine banale Weisheit zitieren: Die nicht benötigte Energie ist die günstigste.
Grundsätzlich gibt es zwei Hauptansätze: Der Benutzer und die Technik. Eine signifikante Verbesserung der Gesamteffizienz ist immer möglich, ohne dass der Verbraucher beim Komfort Abstriche machen muss, als erstes bei der Raumtemperatur: Pro Grad Reduktion spart man 9 bis 12 Prozent Energie.
Ein Stück weit schon, wie ich finde. Wir heizen mehr als früher. Man möchte zu Hause auch im Winter im T-Shirt herumlaufen. Deshalb sind 22 bis 23 Grad im Wohnbereich üblich. In den Normen gehen wir bisher aber von 20 Grad aus, so auch in der Berechnung des Performance Gap.
Ich sehe das so. In anderen Ländern dreht man die Heizung abends zum Schlafen runter und am Morgen wieder hoch. Oder man beheizt selten genutzte Räume kaum. Bei uns wird öfters auch die Waschküche durchgehend beheizt.
Oliver Joss hat langjährige Industrieerfahrung im Bereich Heizung/Lüftung sowie Energiemanagement, mit Schwerpunkt auf Wärmepumpen und erneuerbare Energie. Heute führt er sein eigenes Beratungsunternehmen Renew Consult im Bereich erneuerbare Energie und engagiert sich als technischer Experte bei der Fachvereinigung Wärmepumpen Schweiz (FWS). Er hat an der heutige Hochschule Luzern in Horw das Studium zum Ingenieur HLK absolviert und ist Wirtschaftsingenieur FH.
Diese Thermostate an den Radiatoren sind präziser als man meint. Grundsätzlich kann man sich auf die Angaben der Hersteller verlassen. Pauschal gilt: Position 3 bedeutet 20 Grad, Position 2 bedeutet 17 Grad. Während der Energiekrise vor rund zwei Jahren hat das gut funktioniert. Viele haben die Temperaturen zu Hause reduziert.
Die Wirkung ist verpufft, man heizt wieder wie zuvor. Viele hatten damals sogar auf 18 Grad heruntergedreht. Das ist aber weder angenehm noch sinnvoll, weil es Feuchtigkeitsprobleme und Schimmel begünstigt.
Falsche Einstellungen, falsche Auslegung, schlecht isolierte Leitungen und ähnliches. Dadurch gehen gemäss unseren Berechnungen 15 bis 20 Prozent Energie verloren.
Vor allem die Heizkurve. Diese beschreibt den Zusammenhang zwischen Aussentemperatur und Vorlauftemperatur im Heizkörper. Oft ist sie nicht optimal eingestellt. Auch bei der Umstellung von fossiler Heizung auf Wärmepumpe wird sie oft nicht angepasst.
Das ist so. Man kennt auch den Effekt der Überkompensation: Wer neu in einem Minergiehaus mit energieeffizienter Wärmepumpe lebt, gönnt sich dafür oftmals ein, zwei Grad mehr Wärme. Oder die Heizung wird beim Bau bereits überdimensioniert.
Man will auf Nummer sicher gehen. Jeder macht seinen Sicherheitszuschlag, der Bauherr, der Planer, am Schluss ist die Heizung 30 bis 40 Prozent zu gross und läuft dadurch nicht effizient. Das ist, wie wenn ich einen V8-Motor in einen Fiat 500 einbaue.
Intelligente Systeme heizen die Räume nur noch nach Bedarf und erkennen ob jemand zu Hause ist. Die Hersteller solcher System sprechen von 20 Prozent möglicher Einsparung.
Die Integration in die übergeordnete Heizungssteuerung ist nicht immer einfach. Wärmepumpen mögen es zum Beispiel nicht, wenn man ihnen über die Thermostate den Durchfluss abklemmt.
Eine spannende Entwicklung sind gewerksübergreifende Softwarelösungen. In meinem Haus kommuniziert die PV-Anlage mit der Wärmepumpe und dem e-Auto. Das System gewährleistet, dass ich möglichst viel von meinem lokal produzierten Strom nutze, also dann, wenn die Anlage produziert. Das ist nicht nur effizienter, ökologisch und am kostengünstigsten, sondern macht auch unabhängiger und belastet das Stromnetz weniger.
Vermieter machen tatsächlich oft nur das Minimum, da besteht kaum Druck zur Optimierung. Als Mieter aber sollte man die Abrechung unter die Lupe nehmen und darf sie auch hinterfragen. Wichtig ist, dass man nur den effektiven Verbrauch der Wohnung zahlt und nicht einen fixen Anteil am gesamten Haus. So kann man immerhin über die Temperatur selber Kosten optimieren.
Gemäss Erfahrungswert verbraucht eine solche Wohnung etwa 1000 Liter Heizöl pro Jahr. Im Moment liegt der Preis dafür bei «nur» 100 Franken pro 100 Liter. Das hiesse in diesem Fall 90 Franken pro Grad weniger im Jahr. Und nebenbei rund 160 Kilogramm weniger CO2-Ausstoss. Während der Energiekrise kosteten 100 Liter Heizöl aber 160 Franken. Man rechne.
21.5 Grad. Und 22.5 Grad bei Sonnenschein.
Im Monatsrhythmus erscheinen Beiträge auf der Newsplattform watson, die aus unserer fhnews-Redaktion (betrieben von FH SCHWEIZ) stammen. Darin geht es um Trends in der praktischen Aus- und Weiterbildung, sowie Arbeit und Karriere – jeweils anhand von Persönlichkeiten mit FH-Bezug. Du findest die Beiträge im Blog «Top Job» auf watson. Ergänzend dazu gibt es hier Tipps und Wissen zu diesen Themen.
Hier gibt Oliver Joss einige einfache Tipps und weitere Anregungen, wie du Energie einsparst und effizienter wirst, ob als Mieter oder Hauseigentümer.