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Es ist Jahresende, und wir alle fassen uns natürlich gute Vorsätze für das neue Jahr. Gesünder essen, weniger trinken, mehr Sport, ganz sicher ein neues Fitness-Abo.
Und warum nicht gleich ein neuer Job? Rund um den Jahreswechsel lohnt sich ein Blick in die Stellenportale, in dieser Zeit werden eher mehr Stellen ausgeschrieben als ĂĽblich.
Wo sich aber viele bewerben, wird effizient gesiebt. Recruitern bleibt kaum Zeit, eine erste Entscheidung zu treffen. Immer öfter läuft dein Dossier durch ein KI-unterstütztes Software-Programm. Höchste Zeit also, dein Curriculum Vitae, kurz CV, wieder einmal auf Vordermann zu bringen. Schafft es dieses nicht über die erste Hürde, wird auch dein Bewerbungsschreiben nicht gelesen.
«Das Recruiting verändert sich schnell», sagt auch Irina Stucki. Sie kennt die Branche aus ihrer Berufskarriere im HR und der Stellenvermittlung sowie als Selbstständige. «Ich habe dabei Lebensläufe gesehen, die teilweise wirklich schlimm verfasst waren». Dieselbe Erfahrung machte auch Rebecca Greter, ihre Kollegin aus dem Studium in angewandter Psychologie an der Fachhochschule Nordwestschweiz. So entstand eine Geschäftsidee, und 2016 gründeten die beiden «ciivii». Die Firma hat sich darauf spezialisiert, für Kunden massgeschneiderte und zeitgemässe Lebensläufe und Bewerbungsschreiben zu erstellen.
Und auch in Zeiten von KI-Hilfsmitteln geht ihnen die Arbeit nicht aus, wie Irina im Interview erzählt.
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Unsere Kunden bringen immer häufiger von KI erstellte CV, die wir optimieren sollen. In der Schweiz sind wir aber sicher noch nicht so weit wie andere Länder. Viele Firmen, gerade KMU, rekrutieren noch traditionell. Von «Maschine gegen Maschine» würde ich also nicht sprechen. Eine KI-Optimierung macht aber sicher für die meisten Sinn, insbesondere für jene Meschen, die wenig wissen über heutige Bewerbungsprozesse und sich schon lange nicht mehr beworben haben. Gleichzeitig gilt es, KI-generierte Inhalte stets kritisch auf ihren Inhalt hin zu hinterfragen.
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Kommt drauf an! Mein Eindruck ist, dass ich noch immer erkenne, wenn jemand etwas mit KI geschrieben und kaum angepasst hat. Ich denke so geht es auch HR-Leuten. Wenn Recruiter nun auf eine Stelle mehrere Bewerbungen mit immer denselben Floskeln bekommen, wird dies eher ein Nachteil sein. Das kommt aber auch auf den Recruiter an und darauf, wieviel Zeit man in die Verfeinerung der KI-Ergebnisse investiert.
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Die Tätigkeiten in den bisherigen Funktionen sollten im CV unbedingt beschrieben werden. Hier sind die richtigen Keywords sehr wichtig. Für KI-Systeme wie auch für Recruiter. Letztere sind nicht immer vom Fach. Gerade in stark spezialisierten Bereichen suchen sie im ersten Durchgang ebenfalls nach den relevanten Keywords, um die fachliche Qualifikation für die Stelle abzuschätzen. Werden nur Stellenbezeichnungen aufgezählt, so fehlen die Keywords. Insgesamt muss ein CV aber stimmig und authentisch sein. Daher gilt es auch, diesen nicht mit Keywords zu überladen.
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Zu einem moderenen CV gehört in der Regel das Kurzprofil zum Einstieg, in dem man sich beschreibt. Dort beschreibt man auch seine Soft Skills. Wichtig ist, dass man keine stichwortartige Aufzählung macht, sondern die allerwichtigsten Punkte in prägnanten, aussagekräftigen Formulierungen darstellt. Prinzipiell aber ist ein Lebenslauf nach wie vor ein Factsheet, ein Recruiter wird in der ersten Runde auf die berufliche Qualifikation achten.
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Im Arbeitsalltag sind Soft Skills auf jeden Fall sehr wichtig. Aber was den Entscheidungsprozess in einer Bewerbung betrifft, gerade in der ersten Runde, zählen die Fakten. Daher würde ich der Studie Recht geben. Wer ich bin und wie ich bin, wird mein potenzieller Arbeitgeber frühestens in einem Bewerbungsgespräch sehen, eigentlich gar erst, wenn ich dort arbeite. Nichts desto trotz ist das Kurzprofil Teil eines modernen CV. Es zeigt auch: Ich kann mich selber in wenigen Worten persönlich beschreiben.
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Recruiter treffen die erste Entscheidung bekanntlich nach fünf bis zehn Sekunden. Eine gute Leserführung ist sehr wichtig. Standesgemäss hat ein modernes CV deshalb zwei Spalten. So sieht man auf etwa derselben Höhe die wichtigsten Infos zur aktuellen Berufserfahrung und Ausbildung. Das Wesentliche muss praktisch auf einen Blick zu erfassen sein. Und ein CV sollte nie mehr als zwei Seiten enthalten. Ich habe Kunden, die mir bis zu achtseitige Lebensläufe senden.
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Kompetenzen wie etwa Sprachen stellen wir mit Icons dar, beispielsweise mit Punkten oder Sternen. So kann sie das Auge schneller erfassen. Und keine ausschweifenden Beschreibungen, sondern wie erwähnt an richtiger Stelle die Keywords platzieren. Wichtig ist zudem, dass das Format stimmt. Meistens wird nach einem PDF verlangt.
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Ich finde das durchaus cool für bestimmte Zwecke, bin aber auch skeptisch. Damit können auch potenziell gute Kandidaten von einer Bewerbung abgeschreckt werden – beispielsweise introvertierte Menschen. Für gewisse Jobs aber, etwa im kreativen Bereich oder im Verkauf, in denen man sich präsentieren muss, kann es Sinn machen. Eher Potenzial sehe ich in den Video-Assessments, wie sie gewisse Firmen durchführen. Dort werden Stimme und Mimik von einer KI gemessen, um eine Person einzuschätzen, auch hinsichtlich der Soft Skills. Das kann spannend sein, wenn sich damit versteckte Stärken entdeckt lassen.
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Im Monatsrhythmus erscheinen Beiträge auf der Newsplattform watson, die aus unserer fhnews-Redaktion (betrieben von FH SCHWEIZ) stammen. Darin geht es um Trends in der praktischen Aus- und Weiterbildung, sowie Arbeit und Karriere – jeweils anhand von Persönlichkeiten mit FH-Bezug. Du findest die Beiträge im Blog «Top Job» auf watson. Ergänzend dazu gibt es hier Tipps und Wissen zu diesen Themen.
Irina Stucki gibt dir in diesem Artikel Tipps für ein zeitgemässes CV.
Probiers aus!