Gemäss Hochschulförderungs- und -koordinationsgesetzes (HFKG) müssen Gymnasialmaturand:innen und Berufsmaturand:innen, die über keine berufliche Grundbildung in einem der Studienrichtung verwandten Beruf verfügen, ein Jahr Arbeitserfahrung sammeln, bevor sie ein Studium an einer Fachhochschule beginnen können.
2014 hat das Eidgenössische Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF) im Rahmen der Fachkräfteinitiative Massnahmen beschlossen, um den Fachkräftemangel in Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik (MINT) zu verringern und den Zugang zu Fachhochschulen praxisnäher zu gestalten. Eine dieser Massnahmen sind die praxisintegrierten Bachelorstudiengänge (PiBS). Sie ermöglichen es Gymnasial- und Berufsmaturand:innen ohne berufliche Grundbildung in einem passenden Bereich, direkt mit einem Bachelorstudium zu beginnen. PiBS dauert jedoch vier statt drei Jahre und kombiniert das Studium mit einer praktischen Ausbildung in einem Unternehmen, die 40 % der Studienzeit umfasst. Voraussetzung ist ein von der Fachhochschule anerkannter, vierjähriger Ausbildungsvertrag mit dem Unternehmen.
PiBS ist ein Pilotprojekt. Das Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI) hat PiBS im Jahr 2019 erstmals evaluieren lassen. Die Evaluation kam insgesamt zu einer positiven Gesamteinschätzung. Die teilnehmenden Unternehmen, die FH und die Studierenden waren insgesamt zufrieden und die Umsetzung von PiBS funktionierte. Die Attraktivität von PiBS zeichnete sich durch die Kombination von Studium und Praxis im Unternehmen aus. Die Evaluation empfahl 2023 eine weitere Wirkungsanalyse durchzuführen und den PiBS bis und mit Startjahrgang 2025 zu verlängern. Der Bundesrat hat die Pilotphase von PiBS entsprechend verlängert.
Die Wirkungsanalyse des Bundes aus dem Jahr 2023 ergab, dass die Unternehmen, Fachhochschulen, Studierenden und Absolvent:innen grösstenteils zufrieden mit dem PiBS-Modell sind. Das Interesse an PiBS ist kontinuierlich gestiegen. Mittlerweile bieten alle Fachhochschulen der Schweiz PiBS-Studiengänge entweder in Vollzeit- oder Teilzeitform an. Die meisten Fachhochschulen decken dabei zwei bis sechs Studiengänge ab, während die ZHAW mit elf Programmen das umfangreichste Angebot hat. Im Jahr 2015 gab es 32 Neueintritte ins PiBS-Studium, bis 2022 stieg diese Zahl auf 128. Seit 2015 haben insgesamt über 500 Personen ein PiBS-Studium begonnen. Die ersten 20 Absolvent:innen schlossen ihr Studium im Jahr 2019 ab. Zwischen 2019 und 2022 beendeten insgesamt 117 Personen ein PiBS-Studium, die Mehrheit davon an der Fernfachhochschule Schweiz und der ZHAW. Ausserdem zeigte die Wirkungsanalyse folgende Ergebnisse:
Nachfrage
Die Nachfrage nach dem PiBS-Studium ist hoch, aber es können nicht alle Interessierten aufgenommen werden, da die verfügbaren Plätze in Unternehmen begrenzt sind. Das Interesse der Unternehmen an PiBS wächst, und viele Unternehmen sind zufrieden mit dem Modell und möchten es langfristig unterstützen.
Frauenanteil
Im PiBS-Studium ist der Frauenanteil höher als in anderen MINT-Studiengängen, besonders in Technik, IT sowie Chemie und Life Sciences. Die Zahlen müssen jedoch wegen der kleinen Stichproben mit Vorsicht betrachtet werden.
Dropout-Quote
Die Abbruchquote im PiBS-Studium ist leicht höher als in anderen Studiengängen (22% vs. 20%). Häufige Abbruchgründe sind persönliche Probleme, Unzufriedenheit mit dem Studium oder unzureichende Betreuung durch die Hochschule.
Praxisorientierung
Die starke Praxisorientierung im PiBS-Studium ermöglicht den Studierenden, wichtige berufliche Fähigkeiten zu entwickeln. Anfangs bestehende Wissenslücken werden schnell geschlossen, und Unternehmen schätzen die Arbeitsmarktfähigkeit der Absolvent:innen. Der Übergang in den Beruf ist durch PiBS erleichtert.
Beitrag zur Linderung des Fachkräftemangels
PiBS hat bisher nur begrenzten Einfluss auf den Fachkräftemangel insgesamt, leistet aber für einzelne Unternehmen einen wichtigen Beitrag zur Rekrutierung und Bindung von Fachkräften. Viele Absolvent:innen bleiben im MINT-Bereich oder im Ausbildungsunternehmen tätig, was als Erfolg gewertet wird. Das Modell hat noch Potenzial, benötigt aber bessere Vermarktung.
Keine negativen Wirkungen auf das Bildungssystem
PiBS hat keine negativen Auswirkungen auf das Bildungssystem, da es nur ein kleines Angebot bleibt. Lehrveranstaltungen an Fachhochschulen sind weiterhin auf gleichem Niveau, und das Angebot an Ausbildungsplätzen ist stabil geblieben. Unternehmen bilden weiterhin Fachkräfte auf verschiedenen Niveaus aus, um ihren Bedarf zu decken.
Im Jahr 2024 hat der Bund vorgeschlagen, dass die praxisorientierten Bachelorstudiengänge (PiBS) im MINT-Bereich ab 2026 dauerhaft angeboten werden können. Diese Regelung gilt nur für MINT-Fächer. Zum Vorschlag wurde eine Vernehmlassung eingeleitet.
FH SCHWEIZ wird bis zum 04.12.2024 eine Stellungnahme zur dauerhaften EinfĂĽhrung von PiBS einreichen. Aus der Sicht von FH SCHWEIZ spricht nichts gegen die Verstetigung. Daher unterstĂĽtzt FH SCHWEIZ die dauerhafte EinfĂĽhrung von PiBS und die entsprechenden Ă„nderungen im HFKG.
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