Risiken von veganer Ernährung erkennen

Wie gesund ist vegane Ernährung? Dieser Frage geht ein europäisches Forschungsprojekt nach, an dem die Berner Fachhochschule (BFH) beteiligt ist. Ziel ist es, mit einem webbasierten Fragebogen mögliche Risiken bei veganer Ernährung zu erkennen.

Das Wichtigste in KĂĽrze

  • Das europäische Forschungsprojekt «Vegan Screener» entwickelt einen Kurzfragebogen zur Erkennung von Nährstoffdefiziten bei veganer Ernährung. Das Instrument soll sowohl Fachleuten als auch Veganer*innen zur VerfĂĽgung stehen.
  • Die BFH und die ETH beteiligen sich am Projekt und untersuchen physische Werte und Ernährungsgewohnheiten von Studienteilnehmenden.
  • Eine erste elektronische Version könnte in etwa zwei Jahren verfĂĽgbar sein und das Instrument könnte auch in Schulen zur Förderung eines ausgewogenen Ernährungsverständnisses eingesetzt werden.

Was bezweckt das Forschungsprojekt zu Risiken bei veganer Ernährung?

Prof. Dr. Leonie-Helen Bogl: Vegane Ernährung gewinnt in unserer Gesellschaft an Bedeutung, die Anzahl Menschen, die sich rein pflanzenbasiert ernähren, steigt. Wichtig bei einem vollständigen Verzicht auf tierische Produkte ist insbesondere, ein Mangel an gewissen Nährstoffen zu vermeiden. Das europäische Forschungsprojekt «Vegan Screener» verfolgt das Ziel, einen Kurzfragebogen in Form einer Webapplikation zu entwickeln, um auf eine einfache Weise Nährstoffdefizite oder Fehlernährung bei Menschen, die sich vegan ernähren, zu erkennen. Das Instrument soll sowohl Fachleuten wie Ernährungsberaterinnen und -beratern als auch Veganerinnen und Veganern zur Verfügung stehen. Aus der Schweiz beteiligen sich Forschende der BFH und der ETH Zürich an dem Projekt.

Wie sind die Forschenden bei der Studie vorgegangen?

Um den Inhalt des Fragebogens zu bestimmen und dessen Wirkung zu überprüfen, führen die Forschenden Studien und Befragungen mit mehreren hundert Personen durch. In der Schweiz hat eine Untersuchung mit einer Gruppe von 50 Veganerinnen und Veganern sowie 40 Personen, die auch Fleisch essen, stattgefunden. Dabei wurden zuerst verschiedene körperliche Werte der Teilnehmenden aufgenommen: Gewicht, Taillen- und Hüftumfang, Blutdruck und Herzfrequenz sowie Proben von Blut, Urin und Speichel.

Anschliessend mussten die Teilnehmenden Fragen zu ihrem Lebensstil beantworten und ein Ernährungsprotokoll ausfüllen. Durch den Vergleich der gemessenen Körperwerte mit den Angaben der Probandinnen und Probanden wird sich zeigen, wie zuverlässig der Fragebogen die Ernährungsgewohnheiten von Veganerinnen und Veganern sowie die damit zusammenhängenden Risiken abbilden kann. Erste Ergebnisse dürften im Herbst vorliegen.

So einfach es tönt, so schwierig ist es tatsächlich herauszufinden, was Menschen essen. Um ein genaues Bild zu erhalten, müssen zahlreiche Daten erfasst werden, von der Sorte und Marke eines Lebensmittels bis hin zu den Portionsgrössen und der Zubereitungsmethode.

Prof. Dr. Leonie-Helen Bogl Prof. Dr. Leonie-Helen Bogl Projektleiterin

Welches war die grösste Herausforderung, die es im Projekt zu überwinden galt?

So einfach es tönt, so schwierig ist es tatsächlich herauszufinden, was Menschen essen. Um ein genaues Bild zu erhalten, müssen zahlreiche Daten erfasst werden, von der Sorte und Marke eines Lebensmittels bis hin zu den Portionsgrössen und der Zubereitungsmethode. Diese Dokumentation ist zeitintensiv. Eine weitere Herausforderung stellt die Harmonisierung der Dokumentation zwischen den beteiligten Forschungsteams aus mehreren Ländern dar.

Welchen Nutzen hat das Forschungsprojekt fĂĽr die Gesellschaft?

Das Instrument mit dem Fragebogen ist Untersuchungsmethode und Präventionsmittel zugleich. Es kann Mängel oder Risiken einer veganen Ernährung erkennen und auch für eine ausgewogene vegane Ernährung sensibilisieren. Es wird als Arbeitsmittel für Fachleute in Gesundheit und Medizin zur Verfügung stehen, aber auch Veganerinnen und Veganern eine einfache Möglichkeit bieten, um ihre Ernährung selbst einzuschätzen. Denkbar ist auch ein Einsatz in Schulen, um das Verständnis von Kindern und Jugendlichen für eine ausgeglichene vegane Ernährung zu fördern.

Wann wird das Instrument fĂĽr ein breites Publikum zur VerfĂĽgung stehen?

Nach der Auswertung der Studie wird es weitere Evaluationen des Fragebogens brauchen und auch die Webapplikation muss noch entwickelt werden. Eine erste elektronische Version des Fragebogens könnte in rund zwei Jahren verfügbar sein.

In der öffentlichen Diskussion wird immer wieder die Frage gestellt, ob vegane Ernährung gesund sei oder nicht. Die Antwort hängt in erster Linie von der Qualität und der Ausgewogenheit der Ernährung ab.

Prof. Dr. Leonie-Helen Bogl Prof. Dr. Leonie-Helen Bogl Projektleiterin

Was ist so faszinierend an dem Forschungsprojekt?

In der öffentlichen Diskussion wird immer wieder die Frage gestellt, ob vegane Ernährung gesund sei oder nicht. Die Antwort hängt in erster Linie von der Qualität und der Ausgewogenheit der Ernährung ab. Genau dies soll der Fragebogen erfassen und Veganerinnen und Veganern als Information bereitstellen. Dadurch kann ein Beitrag an eine möglichst gesunde und ressourcenschonende Ernährung dieser Bevölkerungsgruppe geleistet werden. Dies entspricht den Zielen einer sorgenden Gesellschaft (Caring Society) und fördert gleichzeitig eine nachhaltige Entwicklung.

Prof. Dr. Leonie-Helen Bogl, Projektleiterin «Vegan Screener»
Prof. Dr. Leonie-Helen Bogl, Projektleiterin «Vegan Screener»

Prof. Dr. Leonie-Helen Bogl, Projektleiterin «Vegan Screener»

Das Forschungsprojekt «Vegan Screener» ist eine Kooperation von sieben Hochschulen aus sechs europäischen Ländern, darunter die BFH und die ETH Zürich. An der BFH leitet Leonie-Helen Bogl das Projekt.

Sie ist Professorin im Fachbereich Ernährung und Diätetik des Departements Gesundheit. Ihre Schwerpunkte sind Ernährungsepidemiologie (sie untersucht Zusammenhänge zwischen Ernährungsverhalten und Gesundheit), Ernährung und soziale Aspekte, Ernährung im Tagesverlauf und Mahlzeitentiming, Ernährung und Übergewicht, weiter mütterliche Ernährung und Entwicklung der Nachkommen sowie pflanzenbasierte Ernährung und Ernährungsmuster.

Dieser Artikel erschien zuerst im Anzeiger Region Bern

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