Wenn Sie eine Ausstellung zum Thema Nichts machen müssten, was gäbe es bei Ihnen zu sehen? Ich würde mich für eine leere Vitrine entscheiden. Auch die neue Ausstellung «Nichts» im Museum für Kommunikation in Bern beginnt mit einem solchen Exponat. Doch schon im nächsten Raum manifestiert sich das Nichts in unerwartet vielfältiger Form: als wertlose Swissair-Aktie, als löchriger Käse, als Totenhemd.
Das Nichts lässt sich auch spielen: Drei Studentinnen des Bachelor Spatial Design an der Hochschule Luzern kreierten in einer Kooperation mit dem Museum ein Game zur Ausstellung. Das Spiel für Tablets und Smartphones namens «Void» ist vom Brettspielklassiker Schiffe versenken inspiriert. Per Antippen des Bildschirms sucht man auf dem Spielfeld andere Ausstellungsbesucherinnen und -Besucher. Je mehr Personen man entdeckt, desto mehr Punkte gibt es.
Das Spielfeld ist zu Beginn jeder Runde leer. «Man tippt also buchstäblich erstmal ins Nichts und hofft, dass sich dahinter eine Person verbirgt», sagt Studentin Alejandra Rodriguez. «So haben wir das Ausstellungsthema aufgenommen.»
Die Spiellevels geben jeweils grob den Grundriss der Ausstellungsräume wieder, wobei die Position der versteckten Personen im Spiel derjenigen in den Räumen entspricht. Das Spiel erhält die Koordinaten von einem Tracking-Sender, den sich die Besucherinnen und Besucher im ersten Ausstellungsraum umhängen. Wer die Bewegungen der anderen Personen genau beobachtet, hat somit bessere Chancen, sie auch auf dem leeren Spielfeld zu finden.
Im Zentrum des «Void»-Projekts stand nicht die Programmierarbeit, sondern das Ausarbeiten der Spielidee, die Anbindung ans Konzept der Ausstellung und die Verbindung des analogen und des digitalen Raums, wie Studentin Alina Lutz erläutert. «Die Dozierenden und die Ausstellungsverantwortlichen beharrten nicht auf ihren eigenen Vorstellungen, sondern ermunterten uns, zu experimentieren und unsere eigenen Ideen einzubringen», sagt sie.
Das Spiel entstand im Rahmen eines Studierendenprojekts in Kooperation mit dem Museum für Kommunikation: Zehn Spatial Design-Studierende erarbeiteten insgesamt fünf Vorschläge, wie man die analoge Ausstellung um digitale Elemente erweitern könnte. «Void» vermochte das Kuratoren-Team der Ausstellung zu überzeugen.
Die drei Studentinnen entwarfen daraufhin eine Installation zum Spiel und waren für deren Aufbau an der Ausstellung verantwortlich. Für den späteren Berufsalltag nach dem Studium seien solche Kooperationen mit realen Partnern und mit realer Verantwortung für die Studierenden Gold wert, so die angehende Szenografin Alejandra Rodriguez.
«Void» richtet sich vor allem an ein digitalaffines Publikum. Dieses soll einen niederschwelligen Zugang zur Ausstellung finden. Eine digitale 1:1-Kopie der Ausstellung stand jedoch nie zur Debatte, wie Nico Gurtner, einer der Ausstellungsverantwortlichen vom Museum für Kommunikation, betont.
«Viele Museen kreierten während der Corona-Pandemie digitale Kopien ihrer Ausstellungen. Dem Publikum reichte dies damals auch», erklärt Gurtner. Längst können die Leute aber wieder ohne Einschränkungen ins Museum gehen. Es zeige sich, dass jene Ausstellungen erfolgreich sind, die den analogen Raum ergänzen und die beiden Ebenen miteinander verbinden würden – eine Kernkompetenz von Raumdesignerinnen und -designern.
Gurtner lobt die Zusammenarbeit mit den Spatial Design-Studierenden der HSLU: «Die Qualität ihrer Vorschläge war durchgehend hoch.» Er freut sich auf weitere gemeinsame Projekte. Denn es gehe darum, das Museum im digitalen Zeitalter neu zu denken und für ein junges Menschen attraktiv zu halten. Die Gamification, also das Einbauen spielerischer Elemente, spiele dabei eine tragende Rolle. «Das Spiel «Void» ist ein kleiner, aber wichtiger Schritt auf dem Weg dorthin.»
Bereits haben rund 1’500 Besucherinnen und Besucher der Ausstellung das Game gespielt und dabei über 42’000 Punkte gesammelt. Schaffen es alle Spielerinnen und Spieler gemeinsam auf 500’000 Punkte zu kommen, organisiert das Museum eine Rave-Party. Nico Gurtner rechnet vor: «Bei einem Schnitt von 100 Punkten pro Person braucht es dafür 5’000 Spielerinnen und Spieler.» Ich selbst habe immerhin 45 Zähler geschafft. Jetzt sind Sie dran, liebe Leserinnen und Leser: Wie viel schaffen Sie?
Wer Nichts sehen will, kann das noch bis am 21. Juli 2024 im Museum für Kommunikation in Bern tun. Infos unter mfk.ch/nichts
Das kostenlose Game «Void» kann auch ausserhalb der Ausstellung gespielt werden, dies jederzeit unter void.mfk.ch. Ist die Ausstellung geschlossen, simuliert das Spiel statt Besucherinnen und Besucher Objekte wie beispielsweise Kisten.
Dieser Artikel wurde als Erstpublikation auf news.hslu.ch veröffentlicht.