Die globale Durchschnittstemperatur ist seit dem vorindustriellen Zeitalter, also seit 1850, um 1,1 Grad Celsius gestiegen. Alleine in den letzten sieben Jahren sind es 0,2 Grad. Zu diesem Schluss kommt der Weltklimarat IPCC in seinem neusten Bericht, veröffentlicht Anfang August.
Am 29. Juli 2021 hat die Weltgemeinschaft die Ressourcen verbraucht, die ihr für ein nachhaltiges Leben zur Verfügung stehen. Das zeigt ein aktueller Bericht des Global Footprint Network. Aus ökonomischer Perspektive betrachtet, befindet sich die Menschheit ab diesem «Earth Overshoot Day» in einem Ressourcendefizit, die Erde lebt auf Pump.
«Wir fahren unseren Planeten an die Wand! Ohne zu bremsen. Im Gegenteil: wir beschleunigen noch», sagt Henrik Nordborg, Professor für Erneuerbare Energien und Umwelttechnik an der OST – Ostschweizer Fachhochschule. Für ihn gebe es nur eine Lösung: «Weg von fossilen Brennstoffen, hin zu Erneuerbaren Energien!» Als Lösung schlägt Nordborg eine vorgezogene Recyclinggebühr auf jedes geförderte Fass Öl vor. Eine solche Abgabe sei einfacher umsetzbar als eine CO2-Steuer: «Es geht global um nur 300 Unternehmen. Das ist machbar.»
Auch Alexandra Gavilano, studierte Umweltwissenschaftlerin und Klimaexpertin bei Greenpeace Schweiz, sieht die Wirtschaft in der Verantwortung: «Der Schweizer Finanzplatz verursacht mit seinen Geschäften global zwanzig Mal mehr Treibhausgase als die gesamte Schweiz im Inland». Um den Planeten zu retten, müsse man in erster Linie den Finanzplatz radikal umbauen.
Wie kommen diese radikalen Vorschläge an, dieses Spannungsverhältnis zwischen Ökonomie und Ökologie? Stellvertretend für die rund 420 Gäste, bestehend aus FHS Alumni-Mitgliedern und Interessierten aus der Öffentlichkeit, diskutierten unter anderem auch VertreterInnen aus verschiedenen Parteien am Networking-Tag die Frage. Antworten zu finden, ist aber gar nicht so einfach.
Die St.Galler Nationalrätin Franziska Ryser (Grüne/SG) findet die Idee einer globalen Steuer auf fossile Produkte prüfenswert, aber schwierig umzusetzen. «Was es jetzt braucht ist eine klare Förderung der Erneuerbaren Energien». Cédric Wermuth, SP-Co-Präsident und Nationalrat, findet: «Wir müssen regulieren, verbieten und investieren. Nur so finden wir einen Ausweg aus der Klimakrise». Vor allem die Forderung nach Verboten fand beim Publikum aber wenig Unterstützung. Auch nicht bei Esther Friedli, SVP-Nationalrätin aus dem St.Galler Toggenburg: «Verbote sind der falsche Weg. Es braucht mehr Eigenverantwortung und es braucht Branchenlösungen». Für einen Mittelweg plädiert Susanne Vincenz-Stauffacher, FDP-Nationalrätin aus der Stadt St.Gallen. Als Liberale stehe sie zur Lenkungsabgabe – die Umwelt müsse einen Preis haben. «Klimaschutz ist nicht gratis. Verbote aber sind Innovationsverhinderer».
Wie viel Erde braucht der Mensch? Die eingangs gestellte Frage bleibt unbeantwortet. Der Networking-Tag aber hat Anregungen geliefert. Diesen wollen die Teilnehmenden auch am Networking-Tag im kommenden Jahr, am 9. September 2022, nachgehen mit der Frage: «Deal or No Deal – Macht Verzicht glücklich?»