An der privaten Kalaidos Fachhochschule in Zürich geben Studierende dutzende tausend Franken aus für ein Bachelor-Studium, das an einer öffentlichen FH einen Bruchteil kostet. Gemäss Rektor José Gomez lohnt sich dieser Weg dennoch, auch finanziell. Er war bereits in leitenden Funktionen an Hochschulen jedes Typs (siehe Box). Private Bildung leidet seiner Ansicht nach in der Schweiz zu Unrecht unter einem schlechten Image.
José Gomez: Mit dem Bachelor in Business Administration sprechen Sie die Ausbildung an. In der Weiterbildung* sind wir ja nicht teurer als die öffentlichen Hochschulen. Aktuell sind es mehr als 1500 Studierende, die bei uns eine Ausbildung absolvieren. Daraus schliesse ich, dass wir einiges besonders gut machen.
Unsere Studiengänge sind ausschliesslich berufsbegleitend. Was unsere Studierenden dabei besonders schätzen, sind die flexibel und ihren Bedürfnissen entsprechend aufgebauten Studiengänge sowie die Qualität unserer Dozierenden – diese verfügen über eine hohe Praxiserfahrung und -vernetzung.
Das stimmt. Wir sind aber darauf ausgerichtet, dass Studierende neben dem Studium mit einem hohen Prozentsatz arbeiten können. Dieser Praxiskontext ist bei uns sogar Voraussetzung. Wir bieten Studiengänge in Präsenz, Teilpräsenz oder auch im Fernstudium an. Die Studiengänge sind sehr flexibel und modular aufgebaut und bieten eine grosse Auswahl an Vertiefungsrichtungen. Auch bei den Prüfungsterminen sind wir flexibel. In der Ausbildung gibt es zudem sechs Starttermine in die Studiengänge pro Jahr, bei den meisten anderen Hochschulen sind es zwei.
Fragen Sie unsere Studierenden, ob sie das so empfinden. Dann werden Sie feststellen, dass diese Behauptung jeder Grundlage entbehrt. Unsere Studierenden mĂĽssen denselben Stoff wie an jeder anderen FH neben einem Vollzeitjob unter einen Hut bringen. Das ist kein Spaziergang.
Zudem sind wir institutionell akkreditiert und damit nach denselben Kriterien und Qualitätsstandards wie jede öffentliche Fachhochschule anerkannt. Unter anderem müssen wir auch dieselben Zulassungskriterien erfüllen, die regelmässig überprüft werden. Unsere Preise rechtfertigen sich durch die hohen Kosten für die Sicherstellung der geforderten Qualität und dadurch, dass wir keine staatlichen Subventionen erhalten.
Unsere Studierenden sind bereit, die höheren Preise zu bezahlen, weil sie bereits voll im Berufsleben stehen, im Vergleich zu anderen Studierenden älter sind und deshalb wissen, was sie wollen. Darüber hinaus machen sie für sich eine simple finanzielle Rechnung, mit der sie am Ende in der Regel sogar besser dastehen als mit einem Vollzeitstudium.
Durch ihre Berufstätigkeit können die Studierenden die höheren Studienkosten finanzieren. Vor allem aber bleiben sie in dieser Zeit in der Arbeitswelt und haben keinen Karriereunterbruch. Nach dem Abschluss winkt in der Regel ein Karrieresprung. Auf das Lebenseinkommen bezogen wie auch karrieretechnisch steht man mit diesem Weg besser da als mit dem Vollzeitstudium. Dafür bedeutet er vier intensive Jahre mit Doppelbelastung.
Sie sagen richtig: In der Schweiz. Bei uns hat die «öffentliche Schule» einen hohen Stellenwert. Wir werden im öffentlichen Schulsystem sozialisiert. In anderen Ländern ist das anders. Eine sachliche Begründung für den schlechteren Ruf privater Hochschulen gibt es meines Erachtens nicht. Es gibt sowohl unter den privaten als auch unter den öffentlichen Hochschulen bessere und schlechtere.
Das ist tatsächlich so. Ich habe mich in beiden Systemen bewegt. Was ich hier sehr schätze, ist die Unabhängigkeit von politischer Einflussnahme. Wir können Entscheidungen näher an den Bedürfnissen unserer Studierenden und schneller treffen. Das ist in einer sich schnell wandelnden Gesellschaft ein grosser Vorteil. Politische Entscheidungsprozesse sind schwerfällig und träge.
Die UH sind wissenschaftlicher und deutlich internationaler ausgerichtet und auch verstärkt der internationalen Konkurrenz ausgesetzt. Sie sind grösser und dezentraler organisiert. PH sind stark von kantonalen Gegebenheiten und der kantonalen Politik geprägt, da sie nur kantonale Mittel erhalten. Charakteristisch bei den Fachhochschulen ist ihre starke Ausrichtung an der praktischen Berufswelt, auch sind Kooperationen an der Schnittstelle von Hochschulbildung und Höherer Berufsbildung hier häufig und auch erwünscht.
So formuliert halte ich davon wenig. In gewissen Bereichen mag das zutreffen. Seit der Einführung von Bologna beobachte ich aber auch das Gegenteil: Die universitären Studiengänge – insbesondere Bachelor-Studiengänge – haben sich stark auf die Praxis und den Arbeitsmarkt ausgerichtet und sich in Richtung jener von Fachhochschulen entwickelt. Teilweise unterscheiden sich diese Studiengänge kaum noch. Die Annäherung erfolgt von beiden Seiten.
FH und UH müssten sich wieder stärken darauf besinnen, wer sie sind und für wen sie da sind. In Bezug auf das Personal der FH hat in den vergangenen Jahren eine zum Teil notwendige, aber starke Akademisierung stattgefunden. Heisst: FH-Dozierende benötigen heute einen akademischen Hintergrund, der in der Regel an einer Universität erworben wird. Dies prägt wiederum die Lehre und Forschung an der Fachhochschule. Nun muss eine Balance gefunden werden. Wichtig sind daher Massnahmen zur Förderung des doppelten Kompetenzprofils, damit Dozierende wissenschaftliche Erkenntnisse und Forschungsergebnisse anwendungsorientiert vermitteln können.
Â
*Die Weiterbildung ist in der Schweiz überwiegend marktwirtschaftlich organisiert und wird grundsätzlich nicht staatlich subventioniert.
Akademische Laufbahn
José Gomez hat an der Universität St. Gallen Wirtschaft und Wirtschaftspädagogik studiert. Sein Doktorat erwarb er «mit höchster Auszeichnung». Er war als Dozent und in verschiedenen Leitungsfunktionen an der FHS St. Gallen (heute OST) tätig, danach als Prorektor an der PH St. Gallen sowie zuletzt als Akademischer Leiter Lehrentwicklung, Prorektorat Studium & Lehre an der Universität St. Gallen. Seit Anfang 2024 ist er Gesamtrektor und CEO der Kalaidos Fachhochschule.
Die Kalaidos Fachhochschule ist unter den neun institutionell akkreditierten Mehrsparten-Fachhochschulen der Schweiz die einzige mit privater Trägerschaft. Sie gliedert sich in die fünf Fachbereiche Wirtschaft, Recht, Angewandte Psychologie, Musik und Gesundheit und ist Teil der Kalaidos Bildungsgruppe, die seit 2019 zur Deutschen Klett Gruppe gehört. Von den gut 3800 Studierenden sind 1500 für eine Ausbildung (Bachelor und Master) eingeschrieben. 2300 besuchen eine Weiterbildung (z.B. CAS, DAS oder MAS).
Neben der Kalaidos existiert auch die private Hochschule für Wirtschaft Zürich (HWZ), die ebenfalls institutionell akkreditiert («anerkannt») ist, durch die Spezialisierung auf den Fachbereich Wirtschaft aber offiziell als Fachhochschul-Institut gezählt wird.
Neu erscheinen im Monatsrhythmus Beiträge auf der Newsplattform watson, die aus unserer fhnews-Redaktion (betrieben von FH SCHWEIZ) stammen. Darin geht es um Trends in der praktischen Aus- und Weiterbildung, sowie Arbeit und Karriere – jeweils anhand von Persönlichkeiten mit FH-Bezug. Du findest die Beiträge im Blog «Top Job» auf watson. Ergänzend dazu gibt es hier Tipps und Wissen zu diesen Themen.