Kaum hatte ich meinen letzten Arbeitstag bei Synpulse Ende März, flog ich am darauffolgenden Tag nach Shanghai um mich meiner Masterarbeit zum Thema Mobile Payment zu widmen. Die Zeit drängte, denn schon Ende April war Abgabetermin. Es zahlte sich aus, das Fundament der Arbeit schon Ende 2018 erarbeitet und noch während meines Praktikums die Online-Umfrage erstellt zu haben. So galt es in den verbleibenden Tagen die geführten Interviews und Daten aus der Umfrage auszuwerten und aufschlussreich zu präsentieren. Entsprechend verbrachte ich den Monat April, sieben Tage die Woche, in der Bibliothek und konnte meine Arbeit Ende des Monats einreichen.
Obwohl die Masterarbeit bezüglich Seitenanzahl nicht wesentlich umfangreicher war als meine Bachelorarbeit an der ZHAW, setzte meine Universität in China nochmals höhere formelle Erwartungen. Ein verhältnismässig ‘simple’ Fallanalyse wäre nicht tiefgründig genug gewesen, es mussten also wie auch Daten gesammelt und ausgewertet werden. Zudem wird die Arbeit nicht vom Betreuer bewertet, sondern anonymisiert an zwei Fakultätsmitglieder sowie drei Professoren ausserhalb meiner Universität zur Überprüfung weitergeleitet. Glücklicherweise waren mir alle Experten wohlgesinnt, sodass ich im Mai meine Arbeit verteidigen durfte. Auch in dieser letzten kritischen Beurteilung vor weiteren drei Fakultätsmitgliedern konnte ich insofern überzeugen, als dass meine Arbeit angenommen wurde. Und so steht fest: Nach der Abschlussfeier vom 7. Juli darf ich mich offiziell Master of Business Administration with specialization in International Business nennen!
Studium in der Tasche - und was dann? Ich wollte es zu keinem Zeitpunkt dem Zufall überlassen und anders als viele meiner Kommilitonen war es mir wichtig, vor dem Studienabschluss meine berufliche Zukunft geklärt zu haben. Bereits seit Anfang Jahr machte ich mir viele Gedanken, wo (Ort), wie (Tätigkeit) und was (Branche) ich arbeiten möchte. Frage 1 nach dem WO konnte ich als erstes beantworten, wenn auch nicht ganz freiwillig. Obwohl ich bald einen Masterabschluss von einer Chinesischen Uni in der Tasche habe, bildet die Sprachbarriere verständlicherweise ein grosses Handicap in der Jobsuche. Meine Bewerbungen in China versandeten oder stiessen auf wenig Anklang, sodass ich mich für eine Rückkehr in die Schweiz entschied. Und warum auch nicht? Zuhause scheint mein Profil doch ganz attraktiv zu sein, das Konzept der Berufslehre muss nicht erklärt (oder verteidigt) werden. Und dann sind ja Familie und Freunde zuhause. Und der Lohn? Es gibt endlos Gründe und so war klar, Oli wird in der Schweiz nach einer spannenden Aufgabe suchen.
Die zweite Frage zielte darauf ab, WIE ich gerne arbeiten würde, sprich analytisch in Excel, mit Händen an einer Werkbank oder interaktiv mit Kunden und Partnern. Diese Entscheidung bereitete mir doch etwas Kopfzerbrechen, da ich mich in vielen Tätigkeiten sehen konnte, in einer akademischen wie auch privatwirtschaftlichen Aufgabe. Schlussendlich half es mir mich darauf zu besinnen, wo meine Stärken liegen und wie ich diese am besten ausspielen kann.
Wunderbar. Zwei der drei Fragen waren geklärt: Schweiz & Privatwirtschaft. Die dritte Frage nach der Branche, war dann die grösste Knacknuss. Ich musste mich zwischen der Rückkehr in die Finanzbranche oder einem Abenteuer in einem für mich ganz neuen Sektor entscheiden. Konkret bot sich mir die tolle Möglichkeit einer Rückkehr zu meiner alten Liebe UBS und einem Graduate Programm bei International SOS, der weltweit führenden Travel Security & Medical Firma. Ich bin felsenfest davon überzeugt, dass ich bei beiden Unternehmen glücklich und erfolgreich gewesen wäre. Entsprechend war es nicht einfach, eine Entscheidung zu fällen. Hinzu kommt, dass man während des Auswahlprozesses die zukünftigen Arbeitskollegen und Vorgesetzten trifft und schätzen lernt. Es zerriss mich fast, UBS über meinen Entschluss bei International SOS zu starten zu informieren. Gleichzeitig freue ich mich ungemein, ab September 2019 ein Abenteuer in einer neuen Branche zu starten. Schlussendlich fiel mein Entscheid für International SOS aus drei Gründen:
1) Nach fünf Jahren Studium im Bereich International Management bietet mir dieses Unternehmen mein Wissen bestmöglich einzusetzen.
2) Ein späterer Wechsel aus der Finanzbranche in einen neuen Sektor wäre zunehmend schwieriger geworden - eine allfällige Rückkehr jedoch eher möglich.
3) Mein Bauchgefühl!
Die Reiserei der letzten Monate (Paris, Zürich, Shanghai, Hong Kong, Shanghai, Tokyo, Zürich!), die Fertigstellung der Masterarbeit und die Jobsuche waren nervenaufreibend und kosteten Kraft. Glücklicherweise hatte ich Ende Mai Job und Master im Sack, sodass ich mir im Juni eine sorgenfreie Reise gönnen durfte. Nach unzähligen Trips in China und umliegenden Ländern wollte ich an einen Ort, wo ich Abenteuer, Natur und Strand kombinieren konnte und entschied mich für den malaysischen Teil Borneos.
Borneo ist die drittgrösste Insel der Welt und politisch unterteilt in einen malaysischen, indonesischen und bruneiischen Teil. Mit einer Fläche von 743’000km2 ist die Insel fast zwanzig Mal grösser als die Schweiz, wobei der malaysische Teil etwa fünf Mal der Fläche der Schweiz entspricht. Borneo beherbergt uralte Regenwälder und zählt neben einer grossartigen Vogelwelt Orang-Utans, Rhinozeros und Elefanten zur Artenvielfalt. Leider wird der Platz für diese gefährdeten Tiere immer kleiner, da immer grössere Teile des Regenwaldes gerodet werden, um riesigen Palmöl Plantagen Platz zu machen!
Schon länger stehen auf meinen Reisen nicht mehr das Abhaken von speziellen Sehenswürdigkeiten im Zentrum. Viel mehr gilt: Der Weg ist das Ziel, und so waren Hin- und Rückflug nach China die einzigen Fixpunkte dieser 30-tägigen Reise. Das Wunderbare daran ist, dass man so ganz im eigenen Tempo reisen kann; gefällt es einem in einer Stadt, bleibt man einfach ein paar Tage länger. Hat man keine Lust auf einen Ort, geht es schon am nächsten Tag weiter. Zudem hatte ich das Glück, dass mein Cousin Martin für die ersten gut drei Wochen begleiten würde - das gefällt, denn geteilte Momente sind oft dreifach schön!
Rückblickend finde ich es nicht einfach, spezifische Erlebnisse als Höhepunkte der Reise zu definieren. Woran ich mich allerdings bestimmt noch lange erinnern werde ist die Besteigung des Kinabalu, des mit 4’095m höchsten Berges Borneos. Die Zweitagestour auf die Spitze dieses heiligen Berges begann mit einer frühmorgendlicher Autofahrt von Kota Kinabalu zum Nationalpark auf 1’850m, worauf der Aufstieg zum Base Camp auf 3’300m folgte. Gegen Mittag waren wir also im Base Camp, wo es sich bis zum nächtlichen Abmarsch um 3.00 Uhr zu verweilen galt. Im Dunkeln ging es dann hoch zum Gipfel, um auf dem höchsten Punkt Borneos den Sonnenaufstieg zu erleben. Es ist schon toll zu sehen, wie mit der Sonne dem Tag das Leben eingehaucht wird. Grossartig.
Egal ob der Trip zum Kinabalu, der Besuch eines Orang-Utan Centers oder einem Tagesausflug in einen National Park, irgendwie ist man immer an einen Zeitplan und Vorgegebenes gebunden. Um daraus auszubrechen entschied ich, den zweiten Teil meiner Reise auf einem Motorrad zu verbringen wie damals als ich auf Kitty durch Vietnam und Kambodscha bikte. An dieser Reiseform gefällt mir besonders, dass man tun und lassen kann, was immer man möchte. Hungrig? Ab ins Restaurant. Schmerzt der Hintern vom vielen Fahren? Dann am besten einen zusätzlichen Tag am Strand verbringen. Was aus vielen Stunden auf dem Motorrad rauskommt, entnehmt ihr am besten den Fotos, viel Spass!
Mit dem Abschluss meines Studiums und dem neuerlichen Berufseinstieg beginnt ein neuer Abschnitt meines Lebens. Ich bin noch nicht sicher, in welcher Form beziehungsweise ob ich diese Mailupdates weiterführen werde. An dieser Stelle vielen Dank für die zahlreichen Feedbacks die ich über die Jahre von Euch erhalten durfte.
Ich freue mich auf meine Rückkehr in die Schweiz!
Ganz lieber Gruss
Euer Olivier