Autorin: Ursula Ammann
Rainer Bunge ist Professor am UMTEC Institut für Umwelt- und Verfahrenstechnik an der OST – Ostschweizer Fachhochschule. Im Interview spricht er darüber, welchen Aufwand ein Pfandsystem mit sich ziehen würde, wie die Schweiz bezüglich Littering und Recycling im Vergleich zu den Nachbarländern dasteht und warum der Reifenabrieb im Strassenverkehr ein grösseres Umweltproblem darstellt als gelitterte PET-Flaschen.
Wir haben in der Schweiz kein Umweltproblem, das durch ein Pfandsystem gelöst würde. Unsere auf Freiwilligkeit beruhenden Recyclingsysteme sind in der Bevölkerung sehr gut akzeptiert und sie erreichen Recyclingquoten, die vergleichbar sind mit jenen in den Pfandländern. Wir kommen also zu etwa gleich guten Ergebnissen wie die Pfandländer, dies aber auf sehr viel kostengünstigere Weise.
Man müsste ein aufwändiges Rücknahmesystem mit einer Vergütung für die abgegebenen Gebinde installieren, was absurd teuer wäre. Darüber hinaus wäre es notwendig, das System streng zu überwachen, um Pfandbetrug auszuschliessen.
«Die am häufigsten gelitterten Objekte sind Zigarettenkippen – sollen diese auch bepfandet werden?»
Prof. Dr. Rainer Bunge
Professor am Institut für Umwelt- und Verfahrenstechnik UMTEC an der OST – Ostschweizer Fachhochschule
Ich kann in den Pfandländern, zum Beispiel in Deutschland, überhaupt kein bewussteres Konsumverhalten erkennen als bei uns. Das Pfand würde – die Mehrkosten mal ausser Acht gelassen – sogar zusätzliche Probleme schaffen. Wie wollen wir etwa mit der Bepfandung von Weinflaschen umgehen, die in Spanien abgefüllt wurden? Oder mit Bierdosen aus Dänemark? Sollen diese Leergebinde dann quer durch Europa zurücktransportiert werden?
Das klappt offenkundig nicht. In den Pfandländern wird viel mehr gelittert als in der Schweiz. Die am häufigsten gelitterten Objekte sind übrigens Zigarettenkippen – sollen diese nun auch bepfandet werden?
PET-Flaschen zersetzen sich im Laufe der Zeit zu Mikroplastik, was nicht gut ist, aber auch nicht katastrophal. Ein sehr viel grösserer Anteil an Mikroplastik wird durch den Reifenabrieb im Strassenverkehr in die Natur eingetragen. Dieses Mikroplastik ist nicht nur durch die vergleichsweise riesige Menge, sondern auch durch seine Zusammensetzung sehr viel gefährlicher als Mikroplastik aus PET.
Es sind in der Tat einige wenige Fälle bekannt, in denen Weidevieh möglicherweise gelitterte Dosen mit dem Futter aufgenommen und daran Schaden genommen hat. Wegen dieser sehr seltenen Fälle jedoch ein gesamtes Pfandsystem aufzubauen, erscheint mir eine Überreaktion. Harte Strafen für derartiges Littering wären wirksamer und praktikabler.
Wir sollten stolz auf unsere ausserordentlich erfolgreichen freiwilligen Sammelsysteme sein. Wir sammeln nicht, weil wir dazu gezwungen werden, sondern weil wir anständig sind. Die Einführung eines Pfandsystems wäre eine völlig unnötige Intervention, die den Staat von seinen rechtschaffenden Bürgerinnen und Bürgern entfremden würde.
CAS Recycling und Entsorgung
Als Folge innovativer Technologien und neuer Lösungsansätze entwickelt sich die Recyclingbranche immer mehr zum Hightech-Sektor. Beschleunigt wird dieser Prozess durch weitsichtige Unternehmen und den Bund, die sich die Schonung natürlicher Ressourcen und die Kreislaufwirtschaft zum Ziel gesteckt haben. Dadurch werden auch die Anforderungen an die Kader der Entsorgungs- und Recyclingbranche sowie aus verwandten Bereichen laufend erhöht. Der CAS Recycling und Entsorgung an der OST – Ostschweizer Fachhochschule zeigt die aktuellen Entwicklungen und Trends in der Branche auf.